Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrisionsschutz. Schiffsbau. Sozialkassenverfahren. VTV Maler- und Lackiererhandwerk. Korrosionsschutzarbeiten durch Subunternehmer beim Bau und der Überholung von Schiffen auf Großwerften
Leitsatz (amtlich)
Korrosionsschutzarbeiten durch Subunternehmer beim Bau und der Überholung von Schiffen auf Großwerften sind industrielle Tätigkeiten, sie werden daher nicht von dem Verfahrenstarifvertrag des Maler- und Lackiererhandwerks erfasst.
Normenkette
VTV Maler/Lackierer
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 02.02.2011; Aktenzeichen 7 Ca 1727/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 02. Februar 2011 - 7 Ca 1727/09 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Pflicht des Beklagten, für die Jahre 2005 bis 2007 Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer zum Urlaubskassenverfahren des Maler- und Lackiererhandwerks zu zahlen.
Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Maler- und Lackiererhandwerks die Einzugsstelle für die ihm als Lohnausgleichskasse und die der Zusatzversorgungskasse des Maler- und Lackiererhandwerks zustehenden Beiträge.
Die Beklagte unterhält in A einen Betrieb, dessen Unternehmensgegenstand im Handelsregister des AG Oldenburg (HRB 4642) eingetragen ist als: "... Durchführung von Sandstrahl- und Korrosionsschutzarbeiten, einfache Reinigungsarbeiten und damit in Zusammenhang stehende Tätigkeiten, insbesondere für Schiffe und Industrieanlagen sowie Hilfsarbeiten aller Art" (vgl. Kopie des Handelsregisterauszugs als Anlage zur Klageschrift, Bl. 5 f. d.A.).
In den Jahren 2005 bis 2007 arbeitete die Beklagte als Subunternehmerin auf Großwerften in Deutschland. Hierbei setzte sie insgesamt über 450 ungelernte Arbeitskräfte aus Griechenland ein. Der Geschäftsführer der Beklagten ist selbst griechischer Abstammung.
Die Beklagte teilte der Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd mit Schreiben vom 01. Juli 2008 mit, dass sie mit dem "...Unternehmensgegenstand Industrieservice (Entrostungen)" in der Gefahrenklasse 13,55 € für gewerbliche Arbeitnehmer veranlagt sei. Im Industrieservice habe sie 2005 Bruttoarbeitsentgelte von 1.601.400,00 €, 2006 von 1.612.364,00 € (74 Arbeitnehmer) und 2007 von 151.422,00 € (7 Arbeitnehmer) gezahlt (vgl. Kopie als Anlage zur Klageschrift, Bl. 4 d.A. und Einzelmeldungen als Anlagen zum Schriftsatz des Klägers vom 28. Januar 2010, Bl. 72 - 75 d.A.).
In Zusammenhang mit den Beitragsnachforderungen des Klägers gegen die Beklagte teilte deren Prokuristin B diesem mit Schreiben vom 13. März 2008 mit, die Beklagte beschäftige keine Maler, die Arbeitnehmer seien "... ausnahmslos im Korrosionsschutz an Schiffen tätig (Entrostung)." (Kopie als Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 17. September 2009, Bl. 20 d.A.).
Nach im Berufungsverfahren exemplarisch vorgelegten Arbeitsverträgen wurden Arbeitnehmer beschäftigt als "Werftarbeiter", "Cleaner", "Sprayer", "Blaster", "Foreman" und - zumindest in einem Fall - als "Cook".
2008 wurde gegen die Beklagte durch das Hauptzollamt Stralsund ermittelt, weil dieses u.a. davon ausging, dass den Arbeitnehmern der Mindestlohn für das Maler- und Lackiererhandwerk nicht gezahlt worden sei. Das Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Oldenburg eingestellt. Dies beruhte auf der rechtlichen Bewertung, dass der Mindestlohntarifvertrag nach der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Maler- und Lackiererhandwerk auf Baubetriebe nach § 175 Abs. 2 SGB III beschränkt ist. Auch die Deutsche Rentenversicherung hob ihren Bescheid über Beitragsnachzahlungen vom 30. Juli 2008, der auf der Annahme von Mindestlohnunterschreitungen beruhte, im Widerspruchsverfahren durch Bescheid vom 29. Juli 2010 auf (Kopien s. Anlagen 4 und 5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 12. November 2010; Bl. 166 ff., 171 ff. d.A.).
Der Kläger erhob eingehend bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden am 18. Juni 2009 Klage auf Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer für die Jahre 2007 bis 2009 in Höhe von 474.491,24 € gegen die Beklagte. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Betrieb der Beklagten sei in dieser Zeit dem Tarifvertrag über das Verfahren für den Urlaub und die Zusatzversorgung im Maler- und Lackiererhandwerk vom 23. November 2005 bzw. vom 06. Februar 2004 (VTV Maler/Lackierer) unterfallen. Arbeiten des Maler- und Lackiererhandwerk müssten nicht ausschließlich an Bauwerken verrichtet werden, auch Arbeiten an Schiffen fielen unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags. Er hat dazu behauptet, in dem Betrieb des Beklagten seien in den Jahren 2005 bis 2007 überwiegend, d.h. zu mehr als 50% der Gesamtarbeitszeit eines jeden Jahres, durch die gewerblichen Arbeitnehmer Korrosionsschutzarbeiten an Schiffen ausgeführt worden, wie z.B. Entrostungsarbeiten durch Sandstrahlen, Spritzen, Beschichten. Soweit die Beklagte angebe, ihre Arb...