Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Erfolgsaussicht. fehlende Klärungsbedürftigkeit. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Elterngeld. Wegfall der Teilanrechnungsfreiheit zum 1.1.2011. Verfassungsmäßigkeit. Ungleichbehandlung. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Vertrauensschutzes. Höhe des Regelbedarfs. Mutwilligkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rechtsfrage, ob die Ungleichbehandlung solcher Leistungsberechtigter nach dem SGB 2, die vor der Geburt des Kindes erwerbstätig waren und bei denen das Elterngeld bis zu 300 € nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird, und solcher Leistungsberechtigter nach dem SGB 2, die vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig waren und bei denen das Elterngeld vollständig auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird, mit Art 3 Abs 1 und Art 6 Abs 1 und 2 GG vereinbar ist, ist nach der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr klärungsbedürftig.

 

Orientierungssatz

vgl BVerfG vom 16.3.2011 - 1 BvR 591/08 ua = SGb 2011, 702, vom 11.3.2010 - 1 BvR 3163/09 = SozR 4-4200 § 11 Nr 32 = FamRZ 2010, 800, vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 = NJW 2012, 214 und vom 5.12.2012 - 1 BvL 20/12.

 

Normenkette

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1-2, Art. 20 Abs. 1; BEEG § 10 Abs. 5; SGB II § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 3a, § 19 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1, 2 S. 1; SGG § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 114 S. 1

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 24. Oktober 2012 betreffend die Ablehnung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

II. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten in zwei verbundenen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Wiesbaden über die Höhe der den Klägern zustehenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in den Bewilligungszeiträumen 1. März 2012 bis 30. September 2012 und 1. April 2012 bis 30. September 2012 (verbundenes Verfahren S 16 AS 463/12). Die Klagen wurden mit Urteil vom 24. Oktober 2012 in erster Instanz abgewiesen.

Die Kläger waren schon im Widerspruchsverfahren durch ihre Prozessbevollmächtigten vertreten. In der Begründung der Widersprüche gegen die Bewilligungsbescheide vom 20. Februar 2012 und vom 3. April 2012 rügte der Prozessbevollmächtigte ausschließlich die Verfassungswidrigkeit der Anrechnung des Elterngeldes auf das Arbeitslosengeld II. Das Elterngeld stelle keine Lohnersatzleistung dar und dürfe nicht angerechnet werden. Wegen des Ausscheidens des Klägers zu 3) aus der Bedarfsgemeinschaft hob die Beklagte den Bescheid vom 3. April 2012 auf und erließ einen Änderungsbescheid vom 9. Mai 2012 für den Zeitraum ab 1. Juni 2012. Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2012 als unbegründet zurückgewiesen.

In den am 13. Juni 2012 erhobenen Klagen (S 16 AS 462/12 und S 16 AS 463/12), die unter dem führenden Aktenzeichen S 16 AS 462/12 verbunden wurden, haben die Kläger, weiterhin anwaltlich vertreten, erstmals vorgetragen, die Berechnung der Regelbedarfe sei verfassungswidrig. Die Berechnung der Regelsätze aufgrund des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 - RBEG - (BGBl. I S. 453 ff.) entspreche nicht den Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 9. Februar 2010 aufgestellt habe und sei verfassungswidrig. Außerdem wird der Vortrag wiederholt, die Anrechnung des Elterngelds auf das Arbeitslosengeld II stelle eine nicht gerechtfertigte ungleiche Behandlung solcher Eltern, die Arbeitslosengeld II empfangen, gegenüber solchen Personen dar, welche vor der Geburt des Kindes ebenfalls kein Einkommen erzielt hätten, aber nicht auf den Bezug von Arbeitslosengeld II angewiesen seien. Die Anrechnung des Elterngeldes auf das Arbeitslosengeld II ab dem 1. Januar 2011 sei nicht mit der Verfassung vereinbar.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 2012 hat das Sozialgericht Wiesbaden den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und dies mit der nicht hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage begründet. Hiergegen haben die Kläger am 26. November 2012 Beschwerde eingelegt.

II.

1. Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Insbesondere ist es unschädlich, dass der Beschwerdeschriftsatz einen Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 30. Oktober 2012 bezeichnet. Aus der Beschwerdebegründung ist erkennbar, dass es sich um eine Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss vom 24. Oktober 2012 handelt, der am 30. Oktober 2012 ausgefertigt wurde.

2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten für die Gewährung von Prozesskostenhilfe in sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. ...

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