Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung. Glaubhaftmachung. Anordnungsanspruch. Einmalige Beihilfe. Rückführung aus dem Ausland. Nachrangigkeitsprinzip
Leitsatz (redaktionell)
Ein Anspruch aus den Vorschriften des Konsulargesetzes auf die Gewährung von Kosten zur Rückführung in die Bundesrepublik Deutschland geht den Vorschriften des SGB XII vor.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 2; KonsG § 5 Abs. 1-2, 4, 6
Verfahrensgang
SG Wiesbaden (Beschluss vom 09.11.2005; Aktenzeichen S 18 SO 131/05 ER) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. November 2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm eine einmalige Beihilfe für die Rückführung seiner Ehefrau aus Wladiwostok zu gewähren.
Der Antragsteller stand seit Juli 2004 im Bezug laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und bezieht von der Antragsgegnerin seit dem 1. Januar 2005 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Während einer Untersuchungshaft des Antragstellers von März bis Juli 2004 zog es die russische Ehefrau des Antragstellers vor, zu ihrer in Wladiwostok (Russland) lebenden Familie zurückzukehren.
Am 8. Januar 2005 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin u. a. die Gewährung einer einmaligen Beihilfe für die Rückführung seiner Ehefrau. Die Kosten für die Rückreise nach Deutschland bezifferte er auf etwa 800 EUR. Durch Bescheid vom 11. Januar 2005 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen für die Rückführung seiner Frau ab. Über den dagegen erhobenen Widerspruch ist – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden.
Mit am 31. September 2005 beim Sozialgericht Wiesbaden (SG) eingegangenem Antrag vom 20. September 2005 hat der Antragsteller begehrt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine einmalige Beihilfe, hilfsweise ein Darlehen, für die Rückführung seiner Ehefrau aus Wladiwostok zu gewähren. Diesen Antrag hat das SG, soweit Ansprüche nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) geltend gemacht worden sind, zurückgewiesen. Soweit hilfsweise Ansprüche nach dem SGB II geltend gemacht worden sind, hat es das Verfahren abgetrennt und an die dafür zuständige Kammer des SG abgegeben. Zugleich hat es den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch weder glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich sei. Alle denkbaren Ansprüche nach den §§ 67 ff. SGB XII oder § 21 BSHG a. F. seien keine Ansprüche des Antragstellers, sondern – im Falle des Vorliegens der weiteren Anspruchsvoraussetzungen – gegebenenfalls solche der Ehefrau, da allein bei ihr ein Bedarf bestehen könnte. Nach § 9 Abs. 1 SGB XII richteten sich die Leistungen nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Vorschrift konkretisiere das Individualisierungs- und das Bedarfsdeckungsprinzip. Die Bedarfsdeckung ziele dabei nicht auf jedes beliebige Bedürfnis, sondern auf den sozialhilferechtlich-normativ anerkannten Bedarf eines konkret-individuellen Leistungsempfängers. Soweit in § 9 Abs. 1 SGB XII auf den Haushalt abgestellt werde, komme nur die bestehende Haushaltsgemeinschaft bei der Bedarfsermittlung in Betracht. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass der Einzelanspruch auf Sozialhilfe als höchstpersönlicher Anspruch jedem einzelnen Leistungsberechtigten eines Haushalts zustehe. Anspruchsinhaber bleibe auch nach dem SGB XII jeder einzelne Leistungsberechtigte. Für jede Person sei daher ihr persönlicher Bedarf zu ermitteln. Nichts anderes habe nach § 11 Abs. 1 BSHG gegolten. Auch bei einem Bedarf, der notwendigerweise im Zusammenhang mit einer anderen gegebenenfalls hilfebedürftigen Person entstehe, insbesondere bei von Art. 6 Grundgesetz (GG) geschützten, zur Sicherung der familiären oder ehelichen Gemeinschaft entstehenden Fahrtkosten, sei danach zu differenzieren, bei welcher Person der Bedarf entstehe, nämlich bei wem die Kosten anfallen würden. Hiernach seien die Kosten für einen Rückflug der Ehefrau aus Wladiwostok nach Deutschland Kosten der Ehefrau, die allenfalls einen Bedarf der Ehefrau auslösen könnten. Da der Anspruch auf der Grundlage des SGB XII dem Grunde nach schon nicht bestehe, sei auch der Hilfsantrag nicht begründet.
Gegen diesen ihm am 11. November 2005 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 12. Dezember 2005 (Montag) eingegangenen Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (Verfügung vom 14. Dezember 2005). Er trägt im Wese...