Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Begriff der Versorgungsbezüge. Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung ist verfassungsgemäß
Orientierungssatz
1. Für die Abgrenzung von beitragspflichtigen zu beitragsfreien Einnahmen ist allein der Bezug zum früheren Erwerbsleben maßgebend (vgl zuletzt BSG vom 26.3.1996 - 12 RK 21/95 = SozR 3-2500 § 229 Nr 13). Versorgungsbezüge iS des § 229 SGB 5 und damit beitragspflichtig sind die Einnahmen, bei denen ein solcher Bezug besteht oder typischerweise angenommen wird.
2. Die zum 1.1.2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz eingeführte Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung in der Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 229 Abs 1 S 3 SGB 5 idF vom 14.11.2003 ist verfassungsgemäß.
Tenor
Die Verfahren L 1 KR 25/06 ER und L 1 KR 27/06 ER werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Das Verfahren L 1 KR 25/06 ER ist führend.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Fulda vom 20. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Der Antrag der Antragstellerin ist dahingehend auszulegen, dass sie sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen durch den Beschluss des Sozialgerichts Fulda vom 20. Dezember 2005 wendet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Fulda den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklagen der Antragstellerin nach den §§ 86b Abs. 1 Nr. 2, 86a Abs. 2 Nr. 1, 86a Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgelehnt. Die Vollziehung der Beitragsbescheide der Beklagten stellt für die Antragstellerin weder eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte dar noch bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Beitragsbescheide. Nach Aktenlage hat die Beklagte bei der Berechnung der Beiträge der Antragstellerin zur gesetzlichen Krankenversicherung zu Recht die Kapitalleistung der D-Lebensversicherung einbezogen, die der Antragstellerin am 31. Dezember 2004 ausgezahlt worden sind. Diese Kapitalleistung ist als Versorgungsbezug beitragspflichtig (§§ 232a Abs. 4, 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Fünftes Buch -Gesetzliche Krankenversicherung- SGB V in Verbindung mit § 229 SGB V i.d.F des GKV-Modernisierungsgesetzes -GMG- vom 14. November 2003 – BGBl. I 2003, 2190 -). Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung nimmt der Senat Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren hat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsbescheide der Antragsgegnerin nicht begründen können. Die Antragstellerin hat sich insbesondere darauf berufen, die ihr von der D. ausgezahlte Kapitalleistung sei kein Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 SGB V. Die Leistung sei entgegen der Annahme des Sozialgerichts keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung in dem Durchführungsweg einer Direktversicherung. Vielmehr seien die Kriterien für eine Direktversicherung hinsichtlich des im Jahr 1984 abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages nicht erfüllt. Auch nach den Ermittlungen im Beschwerdeverfahren geht der Senat indes davon aus, dass die von der D. ausgezahlte Kapitalleistung auf einer Direktversicherung durch Gehaltsumwandlung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung -Betriebsrentengesetz -beruht. Bei einer solchen Direktversicherung schließt der Arbeitgeber aus Anlass des Arbeitsverhältnisses unmittelbar mit der Lebensversicherung einen Vertrag für den Arbeitnehmer als Begünstigten ab; die Beiträge (Prämien) zu der Lebensversicherung werden aus dem insoweit umgewandelten Arbeitsentgelt finanziert und von dem Arbeitgeber an die Versicherung abgeführt. Nach dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Schreiben der D. vom 15. Juni 2005 sowie nach der von dem Senat eingeholten schriftlichen Auskunft der D. vom 26. April 2006 ist vorliegend ein solcher Vertrag im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in Form einer Kapitalversicherung mit festem Auszahlungszeitpunkt abgeschlossen worden.
Unzutreffend ist die Auffassung der Antragstellerin, eine Direktversicherung durch Gehaltsumwandlung liege nicht vor, da von den Prämien zur Direktversicherung, die aus dem Arbeitsentgelt der Antragsstellerin gezahlt worden seien, Sozialabgaben abgeführt worden seien. Den Gehaltsabrechnungen aus dem Jahr 1985, die die Antragstellerin im Verfahren vorgelegt hat, ist zu entnehmen, dass die monatliche Prämie zur Direktversicherung in Höhe von seinerzeit 200,00 DM nicht als Arbeitsentgelt der Berechnung der Sozialversicherungsabgaben zugrunde gelegt worden ist. Für die Zeit ab dem 1. Januar 1990 sind die Prämien zur Direktversicherung, die aus dem regelmäßigen Arbeitsentgelt der Antragstellerin gezahlt worden sind, indes sozialversicherun...