rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung nach dem SGB II für Stundenten. Einstweiliger Rechtsschutz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

2. „Dem Grunde nach förderungsfähig” bedeutet, dass die Ausbildung – hier das Studium – an sich förderfähig sein muss. Auf entgegenstehende Gründe, die in der Person des Betroffenen liegen, etwa Ausbildungs- oder Fachrichtungswechsel, kommt es hierbei nicht an.

3. Ein besonderer Härtefall besteht nicht, wenn demjenigen, der sich in einer abstrakt förderungsfähigen Ausbildung befindet, aber konkret aufgrund eines Leistungsausschlusses nicht gefördert wird, und der hilfebedürftig ist, nach SGB II planmäßig Leistungen zum Lebensunterhalt nicht zur Verfügung gestellt werden.

 

Normenkette

SGB II § 7 Abs. 5; BAföG § 7 Abs. 3; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Aktenzeichen S 48 AS 603/06 ER)

 

Gründe

I.

Die 1979 geborene Antragstellerin ist Studentin. Sie wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen für Arbeitssuchende.

Das Studentenwerk C. lehnte mit Bescheid vom 14. Februar 2003 den Antrag der Antragstellerin vom 11. September 2002 auf Bewilligung von Ausbildungsförderung für ihr Zweitstudium in der Fachrichtung Lebensmittelchemie an der X.-Universität C. ab. Nach § 7 Abs. 3 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) werde Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung geleistet, wenn der Auszubildende aus wichtigem Grund bis zum Beginn des 4. Fachsemesters oder aus unabweisbarem Grund die Ausbildung abgebrochen oder die Fachrichtung gewechselt habe. Ausgehend davon, dass die Antragstellerin allein eine Teilnahmebescheinigung für den „Botanik Mikroskopischen Kurs” im Sommersemester 2001 habe vorlegen können, sei nicht erkennbar, dass sich die fehlende Eignung für den Studiengang Ernährungswissenschaften nicht nur auf den Bereich Volkswirtschaftslehre erstrecke. Bereits am Ende des 2. Fachsemesters hätten bei ordnungsgemäßem Studium zwei Studiennachweise und die Prüfungsfächer Chemie, Biologie und Volkswirtschaft der Diplomprüfung absolviert sein müssen. Der Fachrichtungswechsel wegen fehlender Eignung sei nach dem 3. Fachsemester verspätet. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Auf den Antrag vom 7. Juni 2006 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende mit Bescheid vom 28. Juni 2006 ab. Gemäß § 7 Abs. 5 SGB II seien Auszubildende nicht leistungsberechtigt, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig sei. Unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung sei die Antragstellerin als Studentin nicht förderungsfähig nach dem BAföG. Da der Leistungsausschluss sich nicht dadurch ändere, dass die Ausbildung wegen Fachrichtungswechsel nicht gefördert werde, habe sie keinen Leistungsanspruch. Eine besondere Härte nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II liege nicht vor, da nicht ersichtlich sei, dass die Erwerbsunfähigkeit der Antragstellerin absehbar sei. Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 30. Juni 2006 Widerspruch, über den nach Aktenlage noch nicht entschieden ist.

Ebenfalls mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 30. Juni 2006, bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) am 3. Juli 2006 eingegangen, hat die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II beantragt. Es sei falsch, dass ihre Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig im Sinne von § 7 Abs. 2 SGB II sei. Ein Anspruch dem Grunde nach in diesem Sinne sei erst dann gegeben, wenn Streit nur noch über den Betrag des Anspruchs bestehen könne. So sei es hier aber nicht. Gemäß § 7 Abs. 2 BAföG werde für eine einzige weitere Ausbildung nur geleistet, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das angestrebte Ausbildungsziel, dies erforderten. Ein entsprechender Antrag sei mangels Voraussetzung gemäß § 7 Abs. 3 BAföG abgelehnt worden. Aufgrund der Bestandskraft dieser Entscheidung bestehe derzeit kein Anspruch dem Grunde nach. Erst mit Bestehen des Vorexamens sei die Antragstellerin dem Grunde nach (wieder) förderungsfähig gemäß BAföG. Der Anspruchsausschluss gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II greife daher aktuell nicht ein. Die Auslegung von § 7 SGB II durch den Antragsgegner sei nicht gesetzeskonform und verstoße gegen Art. 2 Grundgesetz (GG) sowie gegen Art. 12 GG. Der Sinn der Regelung bestehe darin, Leistungen nach dem SGB II auszuschließen, wenn die Leistung gemäß BAföG nur dadurch entfalle, dass ein Antragsteller dessen Leistungsvoraussetzungen willkürlich gefährde oder beseitige, indem er z. B. das Studium ohne triftigen Grund wechsle. Außerdem sei der Bescheid vom 28. Juni 2006 ermessens...

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