Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung eines Darlehens auf Leistungen des SGB 2. Hilfebedürftigkeit. Einkommen. zweckbestimmte Einnahme. Darlehen
Leitsatz (redaktionell)
Ein Darlehen zur Finanzierung von Mietkosten ist als Einkommen zu berücksichtigen. Es handelt sich um keine zweckbestimmte Einnahme i.S.v. § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II.
Orientierungssatz
1. Dem Hilfebedürftigen zur Verfügung gestellte Darlehensbeträge sind im Umfang ihres tatsächlichen Bezugs auf die Leistungsbewilligung nach dem SGB 2 anzurechnen, wenn sie keine zweckbestimmte Einnahmen i. S. von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB 2 darstellen.
2. Die Vorschrift erfordert einen Vergleich der Zweckbestimmung der Leistungen nach dem SGB 2 mit der Zweckbestimmung des gewährten Darlehens.
3. Dient ein gewährtes Darlehen dem Zweck, die Unterkunftskosten mitzufinanzieren, so dient es der Sicherung des Lebensunterhalts, mit der Folge, dass es als Einnahme auf die Leistung nach dem SGB 2 anzurechnen ist. Mit dem Nachrangprinzip ist es unvereinbar, Einkommen für unangemessen hohe Unterkunftskosten als gesondert zweckbestimmt anzusehen und es so der Anrechnung zu entziehen.
Normenkette
SGB II § 1 Abs. 2, §§ 9, 11 Abs. 3 Nr. 1a, §§ 20, 22, 39 Nr. 1, § 40; SGB III § 331; SGG § 86b Abs. 2
Tenor
I. Unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Januar 2007 und Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Januar 2007 angeordnet.
Außerdem wird die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller über den 30. April 2007 hinaus bis zur abschließenden Verwaltungsentscheidung über die Leistungsbewilligung ab 1. Februar 2007 durch die Antragsgegnerin, längstens jedoch bis zum 30. August 2007, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in gesetzlichem Umfang auszuzahlen, und zwar unter Anrechnung dem Antragsteller tatsächlich zufließender Privatdarlehen zur Abdeckung der Mietkosten. Im Übrigen wird der Antrag des Antragstellers abgelehnt.
II. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller zwei Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.
Gründe
Der 1953 geborene Antragsteller bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in einer Höhe von insgesamt 676,50 €, davon 331,00 € Kosten der Unterkunft (KdU) bei tatsächlichen Miet-und Nebenkosten von insgesamt 661,86 € für die 98 qm große Mietwohnung des Antragstellers in der A-Straße in A.
Unter dem 17. Oktober 2006 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zu der beabsichtigten Rücknahme der Leistungsbewilligung an. Er habe ein zweckgebundenes Darlehen von über 250,00 € zur Aufrechterhaltung seiner Wohnung erhalten. Dieses Geld sei von dem Antragsteller als Einkommen zur Bedarfsminderung, wie dieser es nenne, zwar zweckgebunden eingesetzt, reduziere aber seinen anzuerkennenden Bedarf der KdU.
Der Antragsteller erklärte mit Schreiben vom 28. Oktober 2006 und Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15. Dezember 2006, mit dem monatlichen Darlehen von 250,00 € würde der von der Antragsgegnerin nicht anerkannte Teil der KdU gedeckt. Zu diesem Zweck werde das Darlehen zur Verfügung gestellt. Über andere Einnahmen verfüge er nicht. Der nicht anerkannte Teil der Kosten belaufe sich auf 245,17 € zuzüglich einer Treppenreinigungsgebühr von 10,00 € im Monat. Der Antragsteller legte eine Kontoübersicht für den Zeitraum vom 22. September 2006 bis zum 15. Dezember 2006 vor (Bl. 211 und 212 der Verwaltungsakte - Ersatzakte).
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 stellte die Antragsgegnerin die Leistungen vorläufig ab dem 1. Januar 2007 ein und forderte den Antragsteller auf, nachzuweisen, aus welchem Grund und in welcher Höhe ihm Leistungen in Form eines Darlehens erbracht würden. Die Angabe, dass er fortlaufend ein Darlehen in Höhe von 250,00 € monatlich von einem Dritten erhalte, sei weder nachgewiesen noch glaubwürdig. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation, die derzeit nicht nachvollziehbar sei, lasse sich eine Bedürftigkeit nicht annehmen. Er werde bis zum 22. Dezember 2006 gebeten, seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse umfassend zu schildern und nachzuweisen.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2006, bei der Antragsgegnerin am 20. Dezember 2006 eingegangen, Widerspruch.
Ebenfalls mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. Dezember 2006, bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) am 19. Dezember 2006 eingegangen, hat der Antragsteller einstweiligen Rechtschutz mit dem Ziel beantragt, über den 31. Dezember 2006 hinaus Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsi...