Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit der PKH-Beschwerde. Anwendbarkeit des § 127 Abs 2 S 2 Halbs 2 ZPO. Nichterreichen des Beschwerdewertes der Berufung in der Hauptsache. Verneinung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren des Einstweiligen Rechtschutz vor dem Sozialgericht richtet sich gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 SGG nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO.

2. Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten ist danach nicht statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes die Wertgrenze in Höhe von 750,- Euro gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG nicht erreicht.

3. Darüber hinaus ist Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe zusätzlich und unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen, wenn das Sozialgericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint hat.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 1. April 2009 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Kassel vom 1. April 2009 ist unzulässig. Sie ist nach §§ 172 Abs. 1, 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht statthaft.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der SG mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne trifft § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe - also die §§ 114 bis 127a ZPO - entsprechend. Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nach dem ersten Fall des zweiten Halbsatzes der Vorschrift nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Im SGG entspricht dieser Regelung § 144 Abs. 1 SGG. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde der Zulassung durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst-oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 € (Satz 1 Nr. 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 € (Satz 1 Nr. 2) nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Hieran anknüpfend regelt § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG Verfahren des einstweiligen Rechtschutz den Ausschluss der Beschwerde, wenn die Berufung in der Hauptsache nicht zulässig wäre. Hieraus folgt vorliegend der Ausschluss der Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe, weil in der Hauptsache (d.h. hier das Verfahren auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung vor dem SG Kassel, Az. S 3 AS 71/09 ER) der Beschwerdewert aufgrund des Streitgegenstandes von 493,30 € unstreitig nicht erreicht wird und es auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr geht.

Hinsichtlich dem aus § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO folgenden Beschwerdeausschluss schließt sich der Senat der Auffassung an, welche diese Vorschrift auch im sozialgerichtlichen Verfahren für anwendbar hält. Dies entspricht dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der genannten Vorschriften (so bereits LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, Az: L 12 B 18/07 AL; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 4. Juni 2009, Az: L 33 R 130/09 B PKH und vom 13. Mai 2009, Az: L 34 B 2136/08 AS PKH; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar 2009, Az: L 5 B 305/08 AS; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Juli 2008, Az: L 7 SO 3120/08).

Nur diese Auslegung führt zu einer nachvollziehbaren gesetzlichen Konzeption des Beschwerdeausschlusses gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

Der mit Wirkung zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO lag die Erwägung zugrunde, dass der Rechtsschutz in einem Nebenverfahren - wie dem der Prozesskostenhilfe - nicht über den Rechtsweg in der Hauptsache hinausgehen kann, auch um zu vermeiden, dass Instanz-und Rechtsmittelgerichte im abgeschlossenen Hauptsacheverfahren und mehrstufigen Nebenverfahren zu einander widersprechenden Entscheidungen gelangen (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. ...

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