Entscheidungsstichwort (Thema)

Honorarberichtigung eines Vertragszahnarztes wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise

 

Orientierungssatz

1. Die Wirtschaftlichkeit der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung wird nach § 106 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGB 5 auf der Grundlage arzt- und versichertenbezogener Stichproben geprüft. Die frühere Prüfung nach Durchschnittswerten ist nicht mehr die obligatorische Regelprüfmethode. Sie ist aber weiterhin anwendbar, wenn eine diesbezügliche Regelung in der Prüfvereinbarung auf Landesebene vorgesehen ist.

2. Danach ist es weiterhin zulässig, wenn die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Tätigkeit quartalsweise auf der Grundlage von Einzelfällen, repräsentativen Einzelfällen und Durchschnittswerten dahingehend erfolgt, ob die abgerechneten Leistungen den zahnärztlichen Regeln entsprechend ausreichend, zweckmäßig, notwendig und wirtschaftlich waren.

3. Bei der Methode der statistischen Vergleichsprüfung wird der Aufwand des geprüften Arztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der Arztgruppe, der der Arzt angehört, verglichen.

4. Hierbei ist eine Praxisbesonderheit nur dann zu berücksichtigen, wenn sie auf Umständen beruht, die aus der Patientenstruktur herrühren und nicht arztbezogen sind. Entscheidend ist, welche Leistungen die zu behandelnde Krankheit erforderlich macht. Maßgeblich ist damit die Morbiditätsstruktur der Patienten des betroffenen Arztes.

5. Insoweit hat der Vertragszahnarzt sowohl die altersbezogene Zusammensetzung seines Patientengutes als auch den Bezug zu einem höheren Behandlungsbedarf im Einzelnen darzulegen. Hierzu muss er darstellen, wie hoch der Anteil der einen Mehraufwand begründenden Patienten im Verhältnis zur Vergleichsgruppe ist und wie die herangezogenen äußeren Umstände sich im konkreten Behandlungsfall auf den Behandlungsbedarf in seiner Praxis auswirken.

6. Bei der Festlegung der Höhe der Honorarkürzung als Reaktion auf eine festgestellte Unwirtschaftlichkeit steht den Prüfgremien ein weiter Ermessensspielraum zu. Das Gericht darf sein Kürzungsermessen nicht an die Stelle desjenigen der Prüfgremien setzen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 29. April 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten, der Beigeladenen zu 2) und 3) sowie die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 21.163,72 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine Honorarberichtigung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise im Bereich des Gesamtfallwertes in den sechs Quartalen I/04 bis II/05 in Höhe von insgesamt 21.163,72 €.

Der Kläger ist seit März 2003 als Zahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt, EG-Straße zugelassen. Zuvor war er in A-Stadt von 1988 bis Ende des Jahres 2002 tätig.

In den Quartalen I/04 bis IV/05 ergaben sich folgende Abrechnungswerte des Klägers (in nachfolgender Tabelle abgekürzt als VZA) im Vergleich mit den Abrechnungswerten der hessischen Vertragszahnärzte (VG):

Quartal

Fallzahl

Pkte. pro Fall

Mehrkosten pro Fall in Pkte.

In %

I/2004

VZA...

148

169

70

70,7

VG...

417

99

II/2004

VZA...

156

156

65

71,4

VG...

426

91

III/2004

VZA...

176

139

51

58,0

VG...

VG

423

88

IV/2004

VZA...

198

155

76

96,2

VG...

522

79

Quartal

Fallzahl

Pkte. pro Fall

Mehrkosten pro Fall in Pkte.

In %

I/2005

VZA...

151

150

54

56,3

VG...

410

96

II/2005

VZA...

171

139

46

49,5

VG...

438

93

III/2005

VZA...

158

114

24

26,7

VG...

408

90

IV/2005

VZA...

204

109

29

36,3

VG...

512

80

Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen - Hessen - führte für die Quartale I bis IV/04 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung bzgl. der konservierenden-chirurgischen Leistungen durch. Der Prüfungsausschuss lud den Kläger zu einer Prüfsitzung, an der er teilnahm.

Mit Bescheid vom 7. März 2006, dem Kläger am 25.Juli 2006 zugestellt, setzte der Prüfungsausschuss für die streitbefangenen Quartale I bis IV/04 eine Gesamthonorarberichtigung in Höhe von 17.716,79 € fest. Er kürzte den Gesamtfallwert auf das 1,4-fache des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe. Im Einzelnen nahm er folgende Honorarreduzierungen (nach Berücksichtigung der HVM-Einbehalte) vor:

I/04 um 3.833,00 €

II/04 um 3.907,58 €

III/04 um 2.436,46 €

IV/04 um 7.539,75 €

Hiergegen legte der Kläger am 25. August 2006 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, intensive Beratungen über die Wirtschaftlichkeit hätten Regressen in der Regel voranzugehen. Die Prüfung nach Durchschnittszahlen sei nur noch möglich, wenn sie ausdrücklich in der jeweiligen Prüfvereinbarung vereinbart worden sei. Die Prüfvereinbarung sehe aber vor, dass nach Durchschnittswerten statistisch vergleichend nur dann geprüft werden könne, wenn die repräsentative Einzelfallprüfung unmöglich sei. Es fehle eine Begründung der Prüfmethode. Die Behauptung, die Wurzelkanäle seinen unzureichend behandelt worden, werde nicht belegt oder näher su...

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