Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. pauschale Gebühr. Halbierung bei Wegfall der Notwendigkeit einer streitigen Entscheidung. Gleichsetzung kontradiktorischer Entscheidungen mit Urteilen. verfahrensbeendender Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. keine Gebührenermäßigung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Halbierung der Pauschgebühr erfolgt, wenn durch eine Erledigung des Rechtsstreits auf andere Weise die Notwendigkeit für das Gericht entfällt, das Verfahren in der Sache streitig zu entscheiden.
2. Kontradiktorische, mithin urteilsvertretende Gerichtsentscheidungen in der Hauptsache sind Urteilen im Kontext der Ermäßigung von Pauschgebühren gleichzusetzen.
3. Zu diesen Entscheidungen zählt auch ein Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.
Tenor
I. Auf die Erinnerung des Erinnerungsführers wird die Pauschgebühr unter der Nummer 7 des Gebührenverzeichnisses des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. April 2019 (L 2 R 17/19 B ER) auf 225,00 Euro festgesetzt.
II. Die Erinnerungsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Pauschgebühren gemäß § 184 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Im Ausgangsverfahren begehrte die dortige Antragstellerin die Gewährung einer Witwenrente im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Mit Beschluss vom 11. März 2019 hatte der erkennende Senat eine Beschwerde (L 2 R 17/19 B ER) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Dezember 2018 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle forderte von der Erinnerungsgegnerin mit dem Gebührenverzeichnis vom 10. April 2019 unter der laufenden Nr. 7 (L 2 R 17/19 B ER) die halbe Pauschgebühr in Höhe von 112,50 Euro an.
Mit seiner Erinnerung vom 7. Mai 2019, der die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Verfügung vom 8. Oktober 2019 nicht abgeholfen hat, macht der Erinnerungsführer geltend, dass für das Verfahren L 2 R 17/19 B ER keine ermäßigte Pauschgebühr nach § 186 SGG in Betracht komme. Es sei nicht allein vom Wortlaut der Norm auszugehen. Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 186 SGG könne eine Halbierung der Gebühr nur eintreten, wenn durch die Erledigung eines Rechtsstreites auf andere Weise das Gericht von der Notwendigkeit entbunden werde, das Verfahren streitig zu entscheiden. Daher führten streitige Entscheidungen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zur Ermäßigung der Pauschgebühr.
Der Erinnerungsführer beantragt,
die Pauschgebühr in der Streitsache L 2 R 17/19 B ER (Nr. 7 des Auszugs aus dem Gebührenverzeichnis vom 10. April 2019) in voller Höhe auf 225,00 € festzusetzen.
Die Erinnerungsgegnerin hat keine Stellungnahme zur Sache abgegeben.
Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf die Gerichtsakten, auch zum Ausgangsverfahren, Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
II.
Die Erinnerung ist zulässig. Der Erinnerungsführer hat, wie in § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG vorgesehen, gegen die Feststellung der Gebührenschuld durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Gebührenverzeichnis nach § 189 Abs. 1 Satz 1 SGG binnen Monatsfrist das Gericht angerufen.
Die Entscheidung über die Erinnerung nach § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG ergeht durch Beschluss des Senats ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter (§ 12 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 33 Abs. 1 Satz 2 SGG). Anders als in § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) bzw. in § 33 Abs. 8 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vorgesehen, lässt das SGG in Verfahren nach § 189 SGG eine Entscheidung durch den Einzelrichter lediglich im Rahmen des § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Abs. 3, 4 SGG zu. Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor, denn unter keinem Gesichtspunkt handelt es sich bei der zu treffenden Entscheidung um eine im vorbereitenden Verfahren. Der Rechtsstreit L 2 R 17/19 B ER wurde durch Beschluss des erkennenden Senats abgeschlossen und hinsichtlich des vorliegenden Erinnerungsverfahrens handelt es sich ebenfalls um den verfahrensbeendenden Beschluss (siehe hierzu auch Reichel, in: Zeihe/Hauck, SGG, Stand: April 2017, § 189 Rn. 10a und Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 155 Rn. 8).
Die Erinnerung bezüglich der Nr. 7 des Auszuges aus dem Gebührenverzeichnis vom 10. April 2019 ist begründet.
Nach § 184 Abs. 1 SGG haben Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten (Satz 1). Sie entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen (Satz 2). § 184 Abs. 2 SGG bestimmt unter anderem, dass die Gebühr für das Verfahren vor den Landessozialgerichten auf 225,00 Euro festgesetzt wird. Nach § 185 SGG wird die Gebühr fällig, soweit die Streitsache durch Zurücknahme des Rechtsbehelfs, durch Vergleich, Anerkenntnis, Beschluss oder durch Urteil erledigt ist. Nach § 186 SGG ermäßigt sich die Gebühr auf die Hälfte, wenn eine Sache nicht durch Urteil erledigt w...