Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Anordnungsgrund. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leitungsausschluss für Auszubildende. keine Förderungsfähigkeit einer Ausbildung zum Hufbeschlagschmied. Weiterbildungsmaßnahme

 

Orientierungssatz

1. Bei der Ausbildung zum Hufbeschlagschmied handelt es sich nicht um einen anerkannten Ausbildungsberuf und damit nicht um eine nach den §§ 60 bis 62 SGB 3 förderungsfähige Ausbildung, sondern um eine Weiterbildungsmaßnahme, so dass einem Hilfebedürftigen dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 zusteht.

2. Es besteht ein Anordnungsgrund, wenn dem Hilfebedürftigen nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist, bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren weitere Darlehen von Verwandten aufzunehmen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 5. August 2009 aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 17. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2009 zu gewähren.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

 

Gründe

Die am 12. August 2009 beim Sozialgericht Wiesbaden eingegangene Beschwerde mit dem Antrag,

den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 5. August 2009 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu gewähren,

ist begründet.

Die von dem Antragsteller begehrte vorläufige Regelung war entsprechend der Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage der Eilbedürftigkeit, die regelmäßig für zukünftige Zeiträume nach Ablauf des Folgemonats der Beschwerdeentscheidung zu verneinen ist (vgl. Beschlüsse vom 28. Januar 2009 - L 9 SO 98/08 B ER - und vom 21. April 2009 - L 9 AS 65/09 B ER -), dahingehend auszulegen, dass Leistungen für den Zeitraum ab Eingang des Eilantrages beim Sozialgericht bis zum Ablauf des Folgemonats der Entscheidung des Beschwerdegerichts begehrt werden.

Hinsichtlich dieses Zeitraums hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Er erfüllt die Voraussetzungen der §§ 19, 7 Abs. 1 SGB II, insbesondere ist er hilfebedürftig i.S.d. §§ 7 Abs. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II. Außer dem nicht bedarfsdeckenden Erwerbseinkommen verfügt der Antragsteller gegenwärtig nur über Darlehnszahlungen von Verwandten.

Der von dem Antragsteller geltend gemachte Anspruch ist auch nicht nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Antragsteller absolviert keine solche dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung. Eine Förderungsfähigkeit nach dem BAföG ist nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 1 SGB III ist eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Die Ausbildung zum Hufbeschlagschmied ist weder in dem von dem Bundesinstitut für Berufsbildung veröffentlichten (vgl. § 90 Abs. 3 Nr. 3 Berufsbildungsgesetz) Verzeichnis der nach § 4 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz anerkannten Ausbildungsberufe noch in der Handwerksordnung in den Anlagen A (Verzeichnis der Gewerbe, die als zulassungspflichtige Handwerke betrieben werden können) und B (Verzeichnis der Gewerbe, die als zulassungsfreie Handwerke oder handwerksähnliche Gewerbe betrieben werden können) aufgeführt (zur Förderungsfähigkeit von Berufen nach der Handwerksordnung vgl. Wagner in: RB. u.a., SGB III, 3. Aufl. 2008, § 60 Rdnr. 12 f.). Auch die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz, die als förderungsfähige Ausbildung angesehen wird (vgl. Wagner s.o., § 60 Rdnr. 8), liegen nicht vor. Bei der Ausbildung zum Hufbeschlagschmied handelt es sich daher nicht um einen anerkannten Ausbil...

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