Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Streitigkeiten über Vereinbarung gem §§ 75ff SGB 12. Erstzuständigkeit der Schiedsstelle. einstweiliger Rechtsschutz. Anordnungsanspruch
Orientierungssatz
1. Vor der Durchführung des Schiedsverfahrens gem §§ 77, 80 SGB 12 ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig, soweit es sich dabei um den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung handelt, da insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
2. Voraussetzung für das Tätigwerden der Schiedsstelle gem § 80 SGB 12 ist das Vorliegen einer Leistungsvereinbarung.
3. Eine Verpflichtung zum Abschluss von Vereinbarungen iS des § 75 Abs 3 S 1 SGB 12 im Wege einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt.
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt im Beschwerdeverfahren die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners, mit ihm eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung für das Jahr 2006 gemäß deren Vereinbarungs-Angebot vom 28. Dezember 2005 abzuschließen, hilfsweise über deren Angebot vom 5. August 2005 zu verhandeln und zu entscheiden.
Der Antragsteller betreibt als freier Träger eine Beratungsstelle in A-Stadt, die im Jahre 2005 mit einer diplomierten Sozialarbeiterin bzw. einer diplomierten Sozialpädagogin besetzt war. Zu ihrem Leistungsangebot gehört u. a. die persönliche Beratung und Unterstützung von Sozialhilfeberechtigten bei der Sicherung des Lebensunterhaltes und in besonderen Lebenslagen. Diese Stelle wird nach Angabe des Antragstellers auch immer wieder von Bewohnern des Rheingau-Taunus-Kreises in Anspruch genommen. Die Zuwendungsfinanzierung des Antragstellers durch die Landeshauptstadt A-Stadt endete mit Ablauf des Jahres 2004.
Bereits mit einem Schreiben vom 12. Dezember 2003 hatte der Antragsteller den Antragsgegner zum Abschluss einer Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach §§ 93 ff. des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) aufgefordert. Durch Bescheid vom 7. April 2004 und Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2004 lehnte der Antragsgegner den Abschluss einer Vereinbarung ab. Unter Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sei eine Beratung der Bürger des Kreises geeigneter als eine Beratung durch eine in A-Stadt angesiedelte Stelle. Letztere könne auf die regionalen Besonderheiten sowie die Dienstanweisungen und Richtlinien des kreisangehörigen Sozialhilfeträgers weniger gut eingehen, da sie auf eine direkte Zusammenarbeit und einen Austausch mit dem Sozialamt der Landeshauptstadt A-Stadt ausgerichtet sei. Hilfesuchende träten nach einer Beratung durch den Antragsteller mit Anliegen an den Rheingau-Taunus-Kreis heran, die im Zuständigkeitsbereich der Landeshauptstadt A-Stadt zwar zu einem Sozialhilfeanspruch führten, eine Ablehnung oder einen geringeren Leistungsanspruch aber im Kreis bedingen würden, da die Richtlinien und Dienstanweisungen aufgrund der anderen Gegebenheiten vielfach im Kreise restriktiver gehalten seien. Dies führe zu einem hohen Verwaltungsaufwand durch Ablehnungen oder Kürzungen, der bei einer Beratung direkt in Kreisen erspart worden wäre. Die ebenfalls gebotene Leistungsgerechtigkeit könne bei einer zielgerichteten Beratung aus einer Hand genauer eingehalten werden, da hierdurch einheitliche Entscheidungen ohne Modifikationen möglich seien. Eine einheitliche, zweckmäßige und leistungsgerechte Beratung, die zudem den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in besserer Weise entspräche, könne vom Antragsgegner angeboten werden, ohne die Hilfe des Antragstellers in Anspruch nehmen zu müssen.
Die dagegen am 12. Juni 2004 beim Verwaltungsgericht Wiesbaden (VG) erhobene Klage - Az.: 2 E 1661/04 (4) - hat der Antragsteller am 29. September 2004 zurückgenommen, nachdem im Termin zur Erörterung der Sache- und Rechtslage am 15. September 2004 der richterliche Hinweis gegeben worden war, dass der Abschluss etwaiger Vereinbarungen letztlich im Ermessen des Kreises stünde und Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null nicht erkennbar seien; es werde angeregt, ein neues Angebot des Antragstellers mit dem Antragsgegner zu verhandeln.
Mit Schreiben vom 8. Juli 2004 unterbreitete der Antragsteller dem Antragsgegner ein neues Angebot zu einem Vertragsabschluss für das Jahr 2005 und forderte ihn zu zügigen Aufnahmeverhandlungen auf. Der Antragsgegner teilte mit Schreiben vom 1. November 2004 mit, eine Rechtsgrundlage zur Abfassung einer Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung sei im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nicht vorgesehen. Das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) beinhalte zwar in §§ 75 und 76 eine entsprechende Regelung, jedoch sehe der Antragsgegner keinen Beratungs- und Handlungsbedarf.
Den im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gestellten Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, mit dem Antragsteller in Verhandlungen über den Abschluss von Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen nach dem SGB XII zu treten, lehnte das Sozialgericht Wi...