Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung der Berufung wegen Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes

 

Orientierungssatz

1. Bei der Vergütung vertragszahnärztlicher Leistungen obliegt es dem klagenden Zahnarzt, durch substantiierten Vortrag und Nachweis einer Dokumentation zu belegen, dass er den Inhalt der maßgeblichen Leistungslegende erfüllt hat.

2. Hat das Gericht insoweit nachträglich vorgelegte Urkunden berücksichtigt und hinsichtlich ihres Beweiswertes geprüft und dabei festgestellt, dass diesen der erforderliche Beweiswert nicht zukommt, so ist dem Gericht in Bezug auf den Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG ein die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG rechtfertigender Verfahrensmangel nicht unterlaufen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 20. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die notwendigen Kosten auch des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird endgültig auf 394,12 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

In der Sache streiten die Beteiligten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Kieferbruchabrechnung April 2008 und Folgeplan Juli 2008 für die Behandlung des bei der TK versicherten Patienten C. (geb. 1984) und hierbei noch um Absetzungen im Wert von insgesamt 394,12 €.

Die Beschwerdeführerin und Klägerin (im Folgenden: Klägerin) wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts vom 20. Juni 2012.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit drei zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten. Herr Dr. med. Dr. med. dent. A. ist Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt. Die übrigen Mitglieder der Gemeinschaftspraxis sind Zahnärzte.

Die Beklagte bat die Klägerin bzgl. der KB-Abrechnung 04/2008 im Fall C. um Übersendung des OP-Berichts, der Röntgen-Aufnahmen und um Stellungnahme im Hinblick auf die verschiedenen Anästhesieleistungen sowie die Notwendigkeit der Vielzahl von Nachbehandlungen (Nr. 38 BEMA) im Zusammenhang mit der Abrechnung der Nummer 2702 GOÄ-82 (Behandlungstage 27. März; 29. März; 31. März und 4. April 2008) und erinnerte die Klägerin unter Datum vom 18. November 2008 hieran.

Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 28. April 2009 die Absetzung verschiedener Anästhesieleistungen sowie der hier strittigen Nachbehandlungsleistungen vor. Da sie ohne Antwort auf ihre Nachfragen geblieben sei, habe sie nach Aktenlage entscheiden müssen und alle Wiederholungen der Nr. 40 BEMA (insgesamt viermal) im Frontzahnbereich am Behandlungstag 26. März 2006 und alle Wiederholungen der Nr. 40 (insgesamt achtmal) und Nr. 41a BEMA (zweimal) am Behandlungstag 7. April 2008 sowie alle Nachbehandlungsleistungen (Nrn. 2702 GoÄ-82 und 38 BEMA) am 27. März, 29. März, 31. März und 4. April 2008 abgesetzt, da die Notwendigkeit der Indikation nicht nachgewiesen worden sei.

Hiergegen legte die Klägerin am 11. Mai 2009 Widerspruch ein und machte geltend, die Nachbehandlungsleistungen stellten Korrekturen an den Schienen dar, d. h. Abdeckung von Drähten mit Kunststoffabdeckung und Adaption von Retentionshäkchen und anderes, Leistungen also, die den Leistungsinhalt der Nr. 2702 erfüllten.

Die Beklagte nahm daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2010 die Absetzung der Anästhesieleistungen zurück und wies im Übrigen den Widerspruch als unbegründet zurück. Hinsichtlich der verbliebenen Absetzungen reiche der Hinweis der Klägerin, Korrekturen seien an den Schienen durchgeführt worden, für die Annahme, dass die getätigten Maßnahmen in jedem Einzelfall den Gebührentatbestand der Nr. 2702 GOÄ-82 erfüllen würden, nicht aus. Bei bestehenden und vorgetragenen Zweifeln an der eingereichten Abrechnung obliege es dem Vertragszahnarzt, diese Zweifel durch dezidierten und beweisbaren Vortrag auszuräumen. Auch zur Abrechnung der Leistungen nach Nr. 38 BEMA habe sie keine ergänzenden Angaben erhalten.

Hiergegen hat die Klägerin am 5. Juli 2010 Klage erhoben mit der Begründung, die Nr. 2702 GOÄ-82 sei für die Wiederanbringung einer gelösten Apparatur oder kleine Änderungen, teilweise Erneuerung von Schienen oder Spitzapparaten - auch Entfernung von Schienenunterstützapparaten - je Kiefer abrechenbar. Die Behandlung sei im Hinblick auf beidseits ausgerenkte Kiefergelenke erfolgt. Sie nehme Bezug auf den in Kopie anliegenden Auszug aus der Karteikarte, aus der sich die verschiedenen dokumentierten Behandlungen je Behandlungsdatum mit “Aufbau/Einschleifen/Erneuerung des Splints/IMF" je Kiefer ergeben. Nachbehandlungen nach Nr. 38 BEMA seien berechnungsfähig, wenn sie in besonderen Sitzungen, jedoch nicht im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer Extraktion oder Operation erforderlich seien. Die Leistung sei je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich je Sitzung abrechnungsfähig. Sie nehme Bezug auf den in Kopie anliegenden Auszug aus der Karteikarte mit den Angaben wie Wundreinigung H202, Spülung mit Kochsalzlösung und Salbe auftragen zu den einzelnen Behandlungsdaten je Ki...

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