Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Übernahme von Kosten der Unterkunft durch den Grundsicherungsträger bei einem Mietverhältnis unter Angehörigen
Orientierungssatz
1. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Sie müssen tatsächlich angefallen sein. Zahlungsverpflichtungen zwischen nahen Angehörigen sind nur dann als rechtlich erheblich anzuerkennen, wenn sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Mietvertrags dem zwischen Fremden Üblichen im Wesentlichen entspricht (BSG Urteil vom 7. 5. 2009, B 14 AS 31/07 R).
2. Erforderlich ist der Nachweis, dass der Antragsteller einer ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt war. Das setzt eine entsprechend erwiesene Verpflichtung zur Mietzahlung voraus.
3. Der Anspruch nach § 22 SGB 2 scheitert daran, wenn die Durchführung des Mietvertrags nicht annähernd dem Rechtsüblichen entspricht. Bei einer ernsthaften Vereinbarung von Unterkunftskosten muss der Mieter bei Nichtzahlung des Mietzinses mit Mahnungen bzw. letztendlich mit Kündigung und Räumungsandrohung der Wohnung rechnen. Entspricht die Umsetzung des Mietvertrags nicht den Anforderungen im Rechtsverkehr, so besteht kein Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 3. November 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Unterkunftskosten in Höhe von 200 Euro monatlich im Zeitraum 1. September 2012 bis 28. Februar 2013.
Der Kläger stellte erstmals am 29. Dezember 2004 (Bl. 23 ff. der Verwaltungsakte Bd. 1) einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, dem er eine handschriftlich gefertigte und von seiner Mutter als Vermieterin unterschriebene Auflistung der Unterkunftskosten vom 20. Dezember 2004 (Bl. 33 der Verwaltungsakte Bd. 1) beifügte. In der Auflistung sind untereinander "Strom, Heizungswasser, Müllgebühr und Fernsehen" benannt und Gesamtkosten in Höhe von 400 Euro beziffert.
Am 31. Januar 2005 fand eine Überprüfung der Wohnverhältnisse des Klägers durch Mitarbeiter des Beklagten statt. In dem hierüber gefertigten Vermerk vom 1. Februar 2005 (Bl. 74 der Verwaltungsakte Bd. 1) heißt es u.a.:
"..Herr A. wohnt mietfrei. Es besteht jedoch die Verpflichtung laut Aussage beider, dass sich Herr A. an sämtlichen Nebenkosten beteiligt, entsprechende Hinweise hierüber befinden sich auch in den Unterlagen der Agentur für Arbeit. Frau A. ist verwitwet und bezieht nach ihrer Aussage keine hohe Rente um für sämtliche anfallenden Kosten allein aufkommen zu können".
Mit Bescheid vom 21. Januar 2005 (Bl. 68 der Verwaltungsakten Bd. 1) bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab 1. Februar 2005 bis 31. Juli 2005 ohne Berücksichtigung von Miet- oder Nebenkosten.
Am 27. Mai 2005 fand ein persönliches Gespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten (Herr D.) statt. In dem hierüber gefertigten Vermerk (Bl. 107 der Verwaltungsakten Bd. 1) heißt es u.a.:
"Herr A. beklagt sich darüber, dass im Rahmen seiner Berechnung des Arbeitslosengelds II keine Heizkosten berücksichtigt worden seien. Er lebe zwar mietfrei im Hause seiner Mutter, müsse jedoch entsprechend zu den anfallenden Heizkosten einen Beitrag leisten. Herr A. erklärte, dass seine Mutter nur ein relativ geringes Renteneinkommen besitze. Mit diesem Renteneinkommen sei sie nicht in der Lage, die Unterhaltung des Hausgrundstückes alleine zu gewährleisten. Er fragte daher an, ob von Seiten der Behörde Mietkosten berücksichtigt werden können"
In der Folgezeit bewilligte der Beklagte dem Kläger rückwirkend und laufend monatliche Nebenkosten in Höhe von 26,56 Euro und Heizungskosten in Höhe von 34 Euro.
Am 18. November 2005 fand ein weiteres Gespräch mit dem Kläger und seiner Mutter statt. In dem hierüber gefertigten Vermerk (Bl. 190 der Verwaltungsakte Bd. 1) heißt es u.a.:
"Herr und Frau A. erklärten übereinstimmend, dass Herr A. von seiner Mutter in der Vergangenheit ein Privatdarlehen in Höhe von über 20.000 Euro erhalten habe. Schriftliche Festlegungen hierzu existierten nicht. Mit der Mutter sei jedoch vereinbart, dass er dieses Darlehen in monatlichen Raten in Höhe von 253,58 € (500,- DM) zurückzahlt. Er habe hierfür einen Dauerauftrag eingerichtet".
Im März 2006 (Bl. 219 ff. der Verwaltungsakte Bd. 1) legte der Kläger dem Beklagten einen von ihm und seiner Mutter unterschriebenen Mietvertrag vom 1.November 2005 vor. Darin war die Nettokaltmiete mit 200 Euro beziffert. Neben der Miete sollten monatlich 50 Euro Betriebskostenvorschuss und 70 Euro Heizkostenvorschuss, d.h. insgesamt 320 Euro gezahlt werden gezahlt werden. § 1 des schriftlichen Mietvertrages ("Mieträume") war nicht, § 3 ("Miete und Nebenko...