Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Nichtabrechnung klinisch-neurologischer Basisdiagnostik, gastroenterologischer Leistungen und pneumologischer Leistungen durch Fachärzte für Innere Medizin ohne Schwerpunktbezeichnung. Geltung der sich aus dem Vertragsarztrecht ergebenden Beschränkungen auch für Belegärzte. ergänzende Vereinbarung zur Reform des EBM-Ä 2005. allgemeiner und besonderer Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen. keine Rechtsgrundlagen zur Erweiterung des abrechnungsfähigen Leistungsspektrums. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Zur Abrechenbarkeit klinisch-neurologischer Basisdiagnostik (Nr 03312 EBM-Ä 2005), gastroenterologischer Leistungen (Nrn 13410, 13412, 13424, 13430 und 13431 EBM-Ä 2005) und pneumologischer Leistungen (Nrn 13662 und 13663 EBM-Ä 2005) durch einen Facharzt für Innere Medizin ohne Schwerpunktbezeichnung.
2. Vorgaben im EBM-Ä 2005, dass bestimmte Leistungen nur von Fachärzten mit einer bestimmten Schwerpunktbezeichnung erbracht und abgerechnet werden dürfen, sind über das Vorliegen einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage hinaus kompetentiell und materiell rechtmäßig (vgl BSG vom 9.4.2008 - B 6 KA 40/07 R).
3. Die sich aus dem Vertragsarztrecht ergebenden Beschränkungen gelten auch für Belegärzte, weil die belegärztliche Tätigkeit die Fortsetzung der ambulanten ärztlichen Tätigkeit darstellt (vgl BSG vom 3.2.2000 - B 6 KA 53/99 B und vom 13.11.1996 - 6 RKa 31/95 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14).
4. Aus der Ergänzenden Vereinbarung zur Reform des EBM-Ä zum 1.4.2005 ergibt sich keine eigenständige Rechtsgrundlage für die Gestattung der Erweiterung des abrechnungsfähigen Leistungsspektrums und/oder Abrechnung einzelner ärztlicher Leistungen bezogen auf alle Vertragsärzte durch die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) aus Sicherstellungsgründen (vgl LSG Darmstadt vom 23.4.2008 - L 4 KA 26/07).
5. Das in den Abschnitten 13.3.3 und 13.3.7 EBM-Ä 2005 jeweils normierte Qualitätserfordernis des Führens der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie bzw Pneumologie und der dadurch bewirkte Ausschluss der Internisten ohne die entsprechende Schwerpunktbezeichnung sind mit Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG vereinbar (vgl BSG vom 9.4.2008 aaO).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 23. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5000,00 € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Klägers, Leistungen nach Nrn. 03312 (klinisch-neurologische Basisdiagnostik), 13410, 13412, 13424, 13430, 13431 (gastroenterologische Leistungen), 13662 und 13663 EBM 2005 (pneumologische Leistungen) für die Quartale ab II/05 abzurechnen.
Der Kläger ist seit dem 2. Januar 1992 als Facharzt für Innere Medizin ohne Schwerpunkt mit Praxissitz in D zur vertragsärztlichen (fachärztlichen) Versorgung zugelassen und führt zusammen mit Herrn Dr. G, der ebenfalls als Facharzt für Innere Medizin ohne Schwerpunkt an der vertragsärztlichen (fachärztlichen) Versorgung teilnimmt, eine Gemeinschaftspraxis. Er versorgt am A-H in D zusammen mit Herrn Dr. G 16 Belegarztbetten. Der Kläger beantragte am 27. Juni 2005 zusammen mit seinem Gemeinschaftspraxispartner, weiterhin im stationären Bereich Leistungen nach Nrn. 13410, 13412, 13430, 13431 und 03312 EBM 2005 sowie notfallmäßig die Leistungen nach Nrn. 13662, 13663 und 13424 EBM 2005 abrechnen zu dürfen. Dies begründeten sie damit, dass sie diese Leistungen durch ihre proktologisch-gastroenterologische Schwerpunkttätigkeit seit Gründung der Gemeinschaftspraxis regelmäßig ambulant und stationär erbringen würden.
Die Beklagte erteilte dem Kläger aufgrund dessen fachlicher Qualifikation und apparativer Ausstattung durch ihre Landesstelle Qualitätssicherung Radiologie mit Bescheid vom 2. März 2006 eine widerrufliche Genehmigung zur Abrechnung radiologischer Leistungen nach Nrn. 13430 und 13431 EBM 2005 mit Wirkung ab 24. Juni 2005. Mit Bescheid vom 22. März 2006 lehnte die Beklagte jedoch den Antrag auf Genehmigung zur Abrechnung sämtlicher streitgegenständlicher Leistungen ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die beantragten Leistungen nach den für den Kläger und seinen Gemeinschaftspraxispartner als fachärztliche Internisten maßgeblichen Vorgaben der Präambel 13.1 EBM 2005 ausgeschlossen seien. Dies gelte sowohl für die kurativ ambulanten als auch die belegärztlichen Leistungen. Von dieser Vorgabe könne nur aus Gründen der Sicherstellung abgewichen werden. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass weder eine Sicherstellungsproblematik im Hinblick auf die streitgegenständlichen gastroenterologischen Leistungen noch die pneumologischen Leistungen noch die Leistungen nach der Nr. 03312 EBM 2005 festzustellen sei. Soweit eine Abrechnungsgenehmigung der streitgegenständlichen Leistungen im Notfall begehrt werde, sie darauf hinzu...