Gründe
Die bei dem Sozialgericht Gießen am 23. Januar 2006 eingegangene Beschwerde mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 8. Dezember 2005 aufzuheben und zu entscheiden, dass die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten haben,
hat Erfolg. Die an sich statthafte (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) sowie frist- und formgerecht eingelegte (§ 173 SGG) Beschwerde, der das Sozialgericht am 24. Januar 2006 nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist begründet.
Der Beschwerdeführer und Beklagte im Ausgangsverfahren ist nicht verpflichtet, dem Beschwerdegegner seine notwendigen außergerichtlichen Kosten für das erstinstanzliche Verfahren zu erstatten. Das Gericht entscheidet gemäß § 193 Abs. 1 SGG auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders - als durch Urteil - beendet wird. Vorliegend endete die Untätigkeitsklage des Beschwerdegegners bei dem Sozialgericht Gießen unter dem Aktenzeichen S 18 SO 183/05 durch dessen Erledigungserklärung vom 11. Oktober 2005 nach Erteilung des Teilabhilfebescheides vom 4. Oktober 2005. Der Beschwerdegegner stellte zeitgleich mit seiner Erledigungserklärung einen Kostenantrag. Der Beklagte erklärte unter dem 27. Oktober 2005 gleichfalls die Hauptsache für erledigt und stellte seinerseits einen Kostenantrag.
Die danach von dem Sozialgericht zu treffende Entscheidung über die Kostentragungspflicht bei unstreitiger Erledigung hat allgemein auf der Grundlage billigen Ermessens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu erfolgen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 193 Rdz. 13). Diese Ermessensentscheidung ist vom Beschwerdegericht in vollem Umfang nachprüfbar (vgl. Landessozialgericht - LSG - Rheinland-Pfalz vom 16. April 1998 - L 3 SB 84/97; Meyer-Ladewig, wie vor, Rdz. 17). Die Kostentragungspflicht nach unstreitig erledigter Untätigkeitsklage gemäß § 88 SGG ist nach den Umständen der Untätigkeit, nicht aber nach den Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache zu beurteilen (LSG Baden-Württemberg vom 25. September 2003 - L 11 KR 2720/03 AK-B). Dabei ist die Zulässigkeit der erhobenen Untätigkeitsklage zur Begründung eines Kostenerstattungsanspruchs gegen die untätige Behörde eine notwendige, jedoch keine hinreichende Voraussetzung (siehe Hessisches LSG - HLSG - vom 27. Dezember 2005 - L 9 B 176/05); auch der Kooperation der Beteiligten im Vorfeld der Untätigkeitsklage kann entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen (HLSG vom 22. Februar 2006 - L 9 B 14/06 SO: Nicht-Reaktion der Behörde auf die Anfrage des Widerspruchsführers). Die Behörde hat dem Antragsteller oder dem Widerspruchsführer die Kosten nach Erledigung der Untätigkeitsklage in der Hauptsache auch nur dann zu erstatten, wenn letzterer mit einer Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte (Rechtsgedanke aus § 161 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung; LSG Sachsen vom 28. September 2004 - L 2 B 212/03 U).
Davon ausgehend, hat der Beschwerdegegner am 27. September 2005 bei dem Sozialgericht, dort eingegangen am 28. September 2005, treuwidrig verfrüht Untätigkeitsklage erhoben. Die nach Widerspruch vom 6. Juni 2005 gegen den Bescheid des Beschwerdeführers vom 24. Mai 2005 am 27. September 2005 erhobene Klage war zulässig, weil nach Ablauf der sogenannten Sperrfrist von 3 Monaten gemäß § 88 Abs. 3 SGG erhoben. Vorausgegangen war ein Schriftwechsel, der mit der Forderung des Bevollmächtigten des Beschwerdegegners vom 15. September 2005 nach unverzüglicher Entscheidung über den Widerspruch endete: "Sollte ... über die Widersprüche nicht bis zum Monatsende entschieden worden sein, müssen Sie mit einem gerichtlichen Eilverfahren rechnen." Der Beschwerdeführer hatte darauf am 4. Oktober 2005 einen am selben Tag mit Telekopie bekannt gegebenen Teilabhilfebescheid erteilt. Der Beschwerdegegner hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die Klage anhängig gemacht.
Die Bewertung des Zeitpunkts der Klageerhebung als Treuwidrigkeit beruht auf dem auch im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der Rechtsausübung mittels widersprüchlichem Verhalten nach Schaffung eines Vertrauenstatbestandes für den anderen Teil verbietet (vgl. etwa Palandt, BGB, Kommentar, 64. Auflage, § 242, Rdz. 55). Hier hatte der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. September 2005 eine Frist "bis zum Monatsende" eingeräumt und war dann vor Fristablauf tätig geworden. Als Fristende wäre Freitag, der 30. September 2005, zu beachten gewesen. Vor diesem Hintergrund konnte der Beschwerdegegner im Zeitpunkt der Klageerhebung am 27. September 2005 nicht davon ausgehen, dass der Beklagte die geforderte Entscheidung bereits hätte treffen müssen. - Frühestmöglicher Zeitpunkt für eine Klageerhebung wäre der erste Werktag nach den Sonn- und Feiertagen gewesen: der 4. Oktober 2005. An diesem Tag wurde der ausstehende Bescheid dem Beschwerdegegner bekannt geg...