Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde im Verfahren auf Festsetzung der anwaltlichen Vergütung

 

Orientierungssatz

1. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde im Verfahren auf Festsetzung der anwaltlichen Vergütung ist in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung und nicht nach denen des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu beurteilen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 19 Abs 2 S 4 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte iVm § 104 Abs 3 S 5 ZPO. Denn das Verfahren auf Festsetzung der Vergütung nach § 19 BRAGebO wird in Abs 2 S 4 dieser Vorschrift gesondert und einheitlich für alle Gerichtszweige geregelt (entgegen LSG Essen vom 28.3.1990 - L 11 S (Ka) 32/89 = JurBüro 1991, 817).

2. § 197 Abs 2 SGG, der davon ausgeht, daß das gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten angerufene Gericht endgültig entscheidet, betrifft allein das Kostenfestsetzungsverfahren im Verhältnis der Verfahrensbeteiligten zueinander und gerade nicht das Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und einem Beteiligten. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf das Vergütungsfestsetzungsverfahren hält der Senat nicht für geboten, da die unterschiedlichen Verfahrensarten nach der ZPO bzw dem SGG für die vorliegende Fallgestaltung einer entsprechenden Heranziehung der Bestimmungen der ZPO nach § 202 SGG nicht entgegenstehen.

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.06.1987)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Juni 1987 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Beschwerdegegner die entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdegegner erhob als Prozeßbevollmächtigter des Beschwerdeführers beim Sozialgericht Frankfurt am Main gegen die die Quartale I/83 bis III/84 betreffenden Honorar-Neufestsetzungs- und Rückforderungsbescheide der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, die insgesamt einen Betrag von 91.329,35 DM umfaßten, Klage. In dem darüber vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main geführten Rechtsstreit S-5/Ka-2416/86 wurde durch Beschluß vom 3. April 1989 im Einvernehmen mit den Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit Schriftsatz vom 29. April 1987 legte der Beschwerdegegner das Mandat nieder und beantragte gleichzeitig die Festsetzung der bei ihm entstandenen Gebühren gegen den Beschwerdeführer. Der Urkundsbeamte setzte diese durch Beschluß vom 4. Juni 1987 wie folgt fest:

10/10 Gb. § 31 I 1 BRAGO

1.550,– DM

Gebühr § 26 S. 2

40 – DM

Summe:

1.590,– DM

14 % Mehrwertsteuer

222,60 DM

Summe:

1.812,60 DM

Mit dem am 24. Juni 1987 eingegangenen Schriftsatz wendet sich der Beschwerdeführer gegen den ihm am 23. Juni 1987 zugestellten Beschluß. Der Vorsitzende der 5. Kammer des Sozialgerichts Frankfurt am Main hat diesen Schriftsatz als Erinnerung angesehen und hat dieser Erinnerung nicht abgeholfen, diese vielmehr durch Beschluß vom 15. Januar 1988 als Beschwerde dem Hessischen Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Sozialgericht hat zu Recht die befristete Erinnerung des Klägers im Ausgangsverfahren S-5/Ka-2416/86 dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt, nachdem es selbst der Erinnerung nicht abgeholfen hat. Die rechtzeitig eingelegte Erinnerung ist damit als sog. Durchgriffserinnerung zur sofortigen Beschwerde im Sinne von § 104 Abs. 3 Satz 5 ZPO geworden (Zöller-Stephan, ZPO, 17. Aufl., § 104 Rn. 21 m.w.N.).

In Übereinstimmung mit der Auffassung des Sozialgerichts steht dem Beschwerdeführer dieser Rechtsbehelf auch im sozialgerichtlichen Verfahren zu. Die gegenteilige Meinung des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Beschluß vom 28. März 1990 – L-11/S-Ka – 32/89 = JurBüro 1991, Seite 817) hält der Senat nicht für zutreffend. Die Zulässigkeit der Beschwerde im Verfahren auf Festsetzung der anwaltlichen Vergütung ist in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung und nicht nach denen des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu beurteilen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 19 Abs. 2 Satz 4 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 5 ZPO. Denn das Verfahren auf Festsetzung der Vergütung nach § 19 BRAGO wird in Abs. 2 Satz 4 dieser Vorschrift gesondert und einheitlich für alle Gerichtszweige geregelt (Gerold/Schmitt/Madert, BRAGO, 10. Aufl. 1989, § 19 Rn. 20; Beschluß des BFH vom 19. April 1972 – VII B 48/70 = BFHE 105, Seite 328). Auch für die Vergütungsfestsetzung im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens kann insoweit nichts anderes gelten § 197 Abs. 2 SGG, der davon ausgeht, daß das gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten angerufene Gericht endgültig entscheidet, betrifft allein das Kostenfestsetzungsverfahren im Verhältnis der Verfahrensbeteiligten zueinander und gerade nicht das Verhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und einem Beteiligten (Meyer-Ladewig, SGG, 4. Aufl. § 197 Anm. 2). Eine analoge Anwendung diese...

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