Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Krankenhausarzt. Dialysebehandlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Erteilung einer Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung durch Dialysepatienten auf Überweisung durch Fachärzte an einen angestellten Krankenhausarzt greift im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 17. August 2004 (Az.: 1 BvR 378/00) in die Berufsfreiheit eines Arztes ein, der im Planungsgebiet (vgl. § 101 Abs. 1 S. 5 SGB V), für das die Ermächtigung ausgesprochen wurde, bereits einem Versorgungsauftrag nach § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV i.V.m. § 4 der Anlage 9.1 BMV-Ä nachgeht. Dass der Arzt daneben an demselben Ort, an dem auch der ermächtigte Arzt in einem Krankenhaus angestellt ist, eine Zweigpraxis betreibt, ist insoweit unerheblich.
2. Der Widerspruch gegen eine vom Zulassungsausschuss für Ärzte mit einem mündlich verkündeten Beschluss erteilte Ermächtigung ist bereits vor der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses zulässig, denn der mündlich verkündete Beschluss wird mit seiner Bekanntgabe in der Sitzung existent.
3. Der Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte über die Verlängerung einer Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung durch Dialysepatienten auf Überweisung durch Fachärzte an einen angestellten Krankenhausarzt ist rechtswidrig, wenn der Zulassungsausschuss rechtsirrig davon ausgegangen ist, dass bereits ein gerichtlicher Vergleich die Verlängerung der erteilten Ermächtigung rechtfertige, ohne dass erneut ein Versorgungsbedürfnis zu prüfen sei.
a) Der Umfang der Bindungswirkung eines gerichtlichen Vergleichs ist entsprechend § 157 BGB zu bestimmen.
b) Die Erteilung einer weiteren Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung durch Dialysepatienten auf Überweisung durch Fachärzte an einen angestellten Krankenhausarzt ist gem. § 116 S. 2 SGB V nur möglich, soweit hierfür ein Versorgungsbedürfnis besteht.
4. Ist es überwiegend wahrscheinlich, dass der im einstweiligen Rechtsschutz angefochtene Beschluss des Zulassungsausschusses rechtswidrig ist, können die zweifellos gewichtigen Interessen der Patienten an einer kontinuierlichen Dialysebehandlung die ausnahmsweise Anordnung der sofortigen Vollziehung der statusbegründenden Entscheidung des Zulassungsausschusses nicht rechtfertigen.
Normenkette
SGB V § 82 Abs. 1, § 96 Abs. 4, § 101 Abs. 1 S. 5, § 116 S. 2; Ärzte-ZV § 31 Abs. 2; BMV-Ä Anlage 9.1 § 11 Abs. 1 S. 4; SGG § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BGB § 157
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde der Beigeladenen zu 9. wird der Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 27. Januar 2005 abgeändert. Die Anträge des Antragstellers werden in vollem Umfang abgelehnt.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 24.000,00 EURO festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im einstweiligen Rechtsschutz um die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Beigeladenen zu 1. und 9. gegen die dem Antragsteller vom Zulassungsausschuss für Ärzte (ZÄ) für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 erteilte Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung durch Dialysebehandlung auf Überweisung durch Vertragsärzte. Der Antragsteller ist als angestellter Internist im Krankenhaus B…. in C-Stadt, Vogelsbergkreis, beschäftigt. Er ist bereits seit längerer Zeit zur Dialysebehandlung auf Überweisung durch Fachärzte ermächtigt gewesen, zuletzt durch Beschluss des ZÄ vom 24. September 2002 (Nr. Z xxx) bis zum 30. September 2004. Mit weiterem Beschluss vom 14. September 2004 (Nr. Z xxx) verlängerte der ZÄ die Ermächtigung bis zum 31. Dezember 2004, um einen nahtlosen Übergang der vom Antragsteller betreuten Dialysepatienten in die Praxis der Beigeladenen zu 9. zu gewährleisten. Diese kurzfristige Übergangsregelung sei erforderlich gewesen, weil die in der Regel langfristig einbestellten Patienten andernfalls durch den Ablauf der Ermächtigung bereits in damals zwei Wochen den behandelnden Arzt hätten wechseln müssen. Damit erhalte auch die Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) Gelegenheit zu prüfen, ob durch die Zweigpraxis der Beigeladenen zu 9. in C-Stadt die Versorgung der Dialysepatienten wirklich in ausreichendem Umfang sichergestellt werden könne. Nachdem die Beigeladenen zu 9. hiergegen Widerspruch eingelegt hatten, schlossen die Beteiligten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Az.: S 27 KA 2170/04 ER), die mit den Beteiligten im hier anhängigen Verfahren identisch sind, im Erörterungstermin vom 13. Oktober 2004 folgenden Vergleich:
“1. Der Antragsteller verpflichtet sich, die im Rahmen der Ermächtigung bisher bei der KVH abgerechneten Patientenfälle zu betreuen. Dies schließt die Annahme neuer Patienten aus. Es handelt sich u...