Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebühr für das Betreiben eines Beschwerdeverfahrens. Kostenentscheidung. Rechtsgrundlage. Kostenschuldner. Ermessen. Beschlussentwurf. Unterschrift
Leitsatz (redaktionell)
Legt der Bevollmächtigte gegen die Entscheidung des Sozialgerichts, die Kosten eines Gutachtens nach § 109 SGG nicht auf die Staatskasse zu übernehmen, Beschwerde ein, kann er für das Beschwerdeverfahren eine gesonderte Gebühr beanspruchen. Der Beschluss des Landessozialgerichts über die Beschwerde muss daher auch eine Kostenentscheidung enthalten. Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung ist § 193 SGG. Im Erfolgsfall ist die Staatskasse dem Kläger zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten verpflichtet.
Normenkette
SGG § 109 Abs. 1 S. 2, §§ 183, 193, 134 Abs. 1, § 142 Abs. 1; RVG § 18 Nr. 5; GKG § 66 Abs. 8, § 67 Abs. 1; ZPO § 319 Abs. 1
Tenor
Die Staatskasse hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
Beteiligter des vorliegenden, die Übernahme von Kosten nach § 109 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) betreffenden Nebenverfahrens ist nur der Kläger, denn die Beklagte kommt als Kostenschuldner nicht in Betracht. Die Staatskasse ist bereits im Hauptsacheverfahren formal nicht beteiligt, sodass sich auch für das Nebenverfahren ein formaler Beteiligtenstatus nicht begründen lässt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. August 2006 - L 1 U 3854/06 KO-B). Ob dem Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse eine Beschwerdebefugnis gegen einen Beschluss des Sozialgerichts, der nach Anforderung eines Vorschusses die Kosten eines Gutachtens nach § 109 SGG ganz oder teilweise auf die Staatskasse übernimmt, zusteht (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. August 2006 s.o. und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Mai 2006 - L 9 R 4263/04 KO-B), bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da nur der Kläger Beschwerde erhoben hat.
Nachdem der Kläger das Verfahren auf Anregung des Berichterstatters für erledigt erklärt hat, war auf seinen Antrag nur noch über die Kosten des Verfahrens durch Beschluss zu entscheiden.
Der Berichterstatter entscheidet über die Kosten, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht (§ 155 Abs. 2 Nr. 5, Abs. 4 SGG). Der Begriff “vorbereitendes Verfahren„ erfasst auch Fälle, in denen - wie hier - eine Hauptsachentscheidung nicht mehr ergeht (Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Aufl. 2008, § 155 Rdnr. 7 m.w.N.).
Eine Kostenentscheidung ist im vorliegenden Verfahren zu treffen, da nach § 18 Nr. 5 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i.V.m. der Gebührennummer 3501 der Anlage 1 zum RVG (Vergütungsverzeichnis) für ein Beschwerdeverfahren in Fällen des § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG eine eigene Gebühr von 15,00 bis 160,00 Euro anfällt. Damit entsteht neben der Gebühr, die der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt für das gerichtliche Verfahren in der Hauptsache beanspruchen kann, eine gesonderte Gebühr für das Betreiben eines Beschwerdeverfahrens. Angesichts dieser ausdrücklichen Regelung und der Schaffung einer eigenen Gebührennummer in sozialgerichtlichen Verfahren durch das RVG ist die früher zu § 116 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) vertretene Auffassung, dass alle Nebenverfahren wie auch Beschwerdeverfahren grundsätzlich mit der für das Betreiben des sozialgerichtlichen Verfahrens in einem Rechtszug entstandenen Gebühr abgegolten sind, nicht mehr aufrecht zu erhalten (Bayer. LSG, Beschluss vom 9. Februar 2009 - L 15 B 12/09 B -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Oktober 2008 - L 6 SB 4170/08 KO-B -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 24. Mai 2005 - L 2 B 40/04 RI - ASR 2005, 131 und vom 15. September 2005 - L 2 B 40/04 - AnwBl. 2006, 146; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 30. November 2006 - L 6 B 221/06 SB -). Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass das Sozialgericht über die Kosten nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG auch im Urteil entscheiden kann. Erfolgt die Entscheidung im Urteil, ist dieses nur mit dem Rechtsmittel der Berufung anfechtbar, wobei die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung mit der Berufung ausgeschlossen ist (§ 144 Abs. 4 SGG). In diesem Fall entsteht neben der Gebühr für das Berufungsverfahren keine gesonderte Gebühr für die hier in Rede stehenden Gutachterkosten. Entscheidet das Sozialgericht über die Kosten nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG aber statt in der Hauptsache in einem kostenrechtlichen Nebenverfahren durch gesonderten Beschluss, entsteht nach § 18 Nr. 5 RVG für das Beschwerdeverfahren eine eigene Gebühr, so dass eine Kostenentscheidung zu ergehen hat.
Das SGG enthält ausdrücklich keine Rechtsgrundlage zur Frage der Kostenerstattung in Verfahren bzw. Beschwerdeverfahren nach § 109 SGG. Die Frage, aufgrund welcher Rechtsgrundlage und von wem die außergerichtlichen Kosten zu erstatten sind, wird in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte überwiegend dahingehend beantwortet, dass § 193 SGG entsprechend anwendbar sei (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Okt...