Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf rechtliches Gehör. Erörterungspflicht des Gerichts. Prozesskostenhilfeverfahren. Beweisaufnahme durch Anhörung eines bestimmten Arztes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht grundsätzlich nicht, seine Rechtsauffassung oder die in Aussicht genommene Beweiswürdigung mit den Beteiligten zu erörtern.

2. Eine Beweisaufnahme durch Anhörung eines Arztes auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG findet im Prozesskostenhilfeverfahren nicht statt.

 

Tenor

Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Beschluss des erkennenden Senats vom 3. Februar 2006 (Az.: L 4 B 241/05 V) wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

In der Hauptsache streiten die Beteiligten um Versorgungsansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), die der Antragsgegner nach Einholung einer versorgungsärztlichen Äußerung der Medizinaldirektorin (MDin) Z. vom 4. September 2001 mit Bescheid vom 11. September 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2004 ablehnte, weil u. a. das schädigende Ereignis nicht nachgewiesen gewesen sei.

Mit der am 20. Dezember 2004 erhobenen Klage verfolgt der in X.-H. wohnhafte Antragsteller sein Begehren vor dem Sozialgericht Gießen (SG) weiter (Az.: S 22 V 43/04).

Seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das SG mit Beschluss vom 15. Februar 2005 mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. Auch unter Zugrundelegung des geringeren Beweisgrades der Glaubhaftmachung gemäß § 15 KOV-VfG reiche die bloße Möglichkeit eines schädigenden Ereignisses nicht aus. Aber selbst wenn die Darstellung des Antragstellers über die Granatsplitterverletzung und die in der nachfolgenden Kriegsgefangenschaft erlittenen Erfrierungen glaubhaft sei, fehle es an einem wahrscheinlichen Kausalzusammenhang zwischen schädigendem Ereignis und der heute bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 25 v. H., wie der überzeugenden Stellungnahme der MDin Z. zu entnehmen sei.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 3. Februar 2006 (Az.: L 4 B 241/05 V) aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen den ihm am 8. Februar 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 22. Februar 2006 Anhörungsrüge erhoben. Er ist der Auffassung, das Beschwerdeverfahren sei fortzuführen, weil der erkennende Senat seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt habe. Mit der Beschwerde habe er dargelegt, dass seine heutigen Gesundheitsstörungen nach herrschender wissenschaftlicher Lehrmeinung typische Spätfolgen starker Erfrierungen seien, was namentlich für die bei ihm bestehenden Venenthrombosen gelte. Dem sei der erkennende Senat offenbar nicht gefolgt, ohne den Verfahrensbeteiligten nochmals Gelegenheit gegeben zu haben, sich hierzu zu äußern. Ihm sei im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zu geben gewesen, sich zur Auffassung des Senats zu äußern und auch einen Antrag auf gutachtliche Anhörung nach § 109 SGG zu stellen.

Der Antragsteller beantragt,

das Beschwerdeverfahren fortzuführen.

Der Antragsgegner hat sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anhörungsrüge (§ 178a SGG) ist sachlich unbegründet.

Der erkennende Senat hat den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG und Art. 103 Abs. 1 GG) im Beschwerdeverfahren nicht verletzt. Das SG hat sich in seinem Beschluss vom 15. Februar 2005 u. a. auch darauf gestützt, dass ein schädigendes Ereignis nicht glaubhaft gemacht sei. Dem ist der Senat gefolgt, denn es liegen keinerlei Beweismittel vor, die die Behauptungen des Antragstellers über seine Granatsplitterverletzung im Dienst der Deutschen Wehrmacht bei S., seine anschließende Kriegsgefangenschaft und die dort angeblich erlittenen Erfrierungen belegen. Auch seine eigenen Angaben hierzu sind äußerst vage.

Lediglich in der Hilfsbegründung hat das SG auch die Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhangs zwischen dem zugunsten des Antragstellers als wahr unterstellten schädigenden Ereignis und den von ihm behaupteten Schädigungsfolgen abgelehnt und sich insoweit auf die Stellungnahme der MDin Z. gestützt. Selbst wenn das SG hierzu noch eine Beweisaufnahme von Amts wegen für erforderlich halten sollte, konnte es unter Berücksichtigung des Fehlens von Brückensymptomen ohne Rechtsfehler ein für den Antragsteller günstiges Ergebnis einer weiteren Beweiserhebung zum Kausalzusammenhang als unwahrscheinlich unterstellen und damit eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage verneinen (siehe hierzu: Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2005, § 73a Rdnr. 7a m. w. N.). Hierzu vorzutragen hatte der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung ausreichend Gelegenheit, wovon er auch - wenn auch erfolglos -Gebrauch gemacht hat. Der Senat hat seinen Beschluss vom 3. Februar 2006 weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht auf neue Gesichtspunkte gestützt, zu denen sich der Antragsteller nicht äußern konnte. De...

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