Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Hilfebedüftigkeit. zu berücksichtigendes Einkommen. Existenzgründerzuschuss. zweckbestimmte Einnahmen. Zweckidentität

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Existenzgründungszuschüsse nach § 421 Abs. 1 SGB III sind zu berücksichtigendes Einkommen im Rahmen des § 11 SGB II, da es sich bei ihnen nicht um zweckbestimmte Einnahmen im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II handelt.

2. Zwischen der Gewährung des Existenzgründerzuschusses und Leistungen nach dem SGB II besteht Zweckidentität.

 

Normenkette

SGB II § 11 Abs. 3 Nr. 1a; SGB III § 421 Abs. 1; SGB X § 104

 

Verfahrensgang

SG Wiesbaden (Beschluss vom 10.05.2005; Aktenzeichen S 16 AS 33/05 ER)

 

Tenor

  • Die Beschwerde des Antragsstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 10. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
  • Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller begehrt die volle Auszahlung des ihm bewilligten Existenzgründerzuschusses in Höhe von Euro 1.800,-- ohne Anrechnung als Einkommen für beantragte Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – (SGB II).

Der Antragsteller stellte mit Antrag vom 5. Januar 2005 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 18. Februar 2005 wurden dem Antragsteller und seiner Ehefrau antragsgemäß die entsprechenden Leistungen für den Zeitraum vom 26. Januar 2005 bis zum 31. März 2005 bewilligt.

Im vorgenannten Bescheid wurde der Antragsteller unter der Rubrik “Zur Berechnung der Leistungen nach SGB II” darauf hingewiesen, dass er verpflichtet sei, darüber zu informieren, wenn der Bescheid Tatbestände nicht enthalte, die für die Höhe der Leistungen nach dem SGB II maßgeblich seien.

Ausweislich des Bescheides der Bundesagentur für Arbeit vom 14. März 2005 beantragte der Antragsteller am 8. Dezember 2004 für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab dem 31. Dezember 2004 einen Existenzgründungszuschuss für die Zeit vom 31. Dezember 2004 bis 30. Dezember 2005 in monatlicher Höhe von EUR 600. Der Existenzgründungszuschuss wurde dem Antragssteller nachträglich ab dem 31. Januar 2005 überwiesen.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2005 meldete die Antragsgegnerin bei der Agentur für Arbeit in A-Stadt einen Erstattungsanspruch gemäß § 104 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – (SGB X) an, da nach ihrer Kenntnis der Antragsteller bei der Bundesagentur einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt und bewilligt bekommen habe.

Am 16. März 2005 teilte die Agentur für Arbeit der Antragsgegnerin mit, dass der Existenzgründungszuschuss dem Antragsteller nach § 421 I SGB III in Höhe von monatlich 600 Euro ab dem 31. Dezember 2004 gewährt worden sei und bat um die Bezifferung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs der Antragsgegnerin.

Daraufhin teilte die Antragsgegnerin der Agentur für Arbeit mit, dass in dem Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 1. März 2005 insgesamt 1.920,18 Euro an den Antragsteller gezahlt worden sei. Die Arbeitsagentur erstattete der Antragsgegnerin den Betrag von Euro 1.800.

Laut Schreiben der Antragsgegnerin vom 1. April 2005 im erstinstanzlichen Verfahren habe sie bei einer nochmaligen Überprüfung festgestellt, dass der Antragsgegnerin von der Agentur für Arbeit 485,44 Euro zuviel erstattet worden sei, da der Antragsteller erst ab dem 26. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II erhalten habe. Die Antragsgegnerin beabsichtige, den von der Bundesagentur für Arbeit zu Unrecht erhaltenen Betrag an diese zurück zu überweisen.

Nach Kenntnis der Antragsgegnerin hat der Antragsteller bei der Agentur für Arbeit gegen die Erstattung zugunsten der Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt.

Die beim Sozialgericht Wiesbaden am 24. März 2005 beantragte einstweilige Anordnung lehnte das Sozialgericht Wiesbaden mit Beschluss vom 10. Mai 2005 ab. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, dass die Anrechnung des Existenzgründungszuschusses nach § 421 I Sozialgesetzbuch – Drittes Buch – (SGB III) auf das Einkommen des Antragstellers im Rahmen des § 11 SGB II rechtlich nicht zu beanstanden sei. Das Sozialgericht führt aus:

“Nach § 421 I SGB III haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, unter den dort genannten Voraussetzungen Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss in Höhe von 600 EUR im Jahr. Der Existenzgründungszuschuss ist im Rahmen der Einkommensermittlung nur dann anrechnungsfrei, wenn es sich um zweckbestimmte Einnahmen handelt (§ 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II). Zweckbestimmte Einnahmen sind solche, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen, also einem anderen Zweck als der Bestreitung des Lebensunterhaltes oder der Arbeitseingliederung (Hendelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rdnr. 213 m.w.N.; Brühl in LPK-SGB II, § 11 Rdnr. 41). Zwischen der zweckbestimmten Leistung und den Leistungen nach dem SGB II darf keine Zweckidentität bestehen (Hengelhaupt in H...

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