Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzierung einer selbst beschafften Pflegekraft durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Für die Bewilligung von Pflegeleistungen für einen Sozialhilfeberechtigten nach §§ 61 ff. SGB 12 durch einstweiligen Rechtsschutz fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund, wenn der Pflegebedarf durch Inanspruchnahme der vom Antragsgegner angebotenen Leistungen eines Pflegedienstes gedeckt werden kann.
2. Die Übernahme der Kosten der vom Pflegebedürftigen selbst beschäftigten Pflegekraft nach § 66 Abs. 4 SGB 12 setzt voraus, dass durch diese die Pflege sichergestellt werden kann. Daran fehlt es, wenn deren Pflegebereitschaft hinter dem festgestellten Bedarf zurückbleibt.
3. Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Pflegebedürftige bezogenes Pflegegeld zur Bezahlung eines pflegenden nahen Angehörigen verwendet. Nach den Intentionen des Gesetzgebers sollen nahestehende Personen die Pflege grundsätzlich unentgeltlich leisten. Eine erwerbsmäßige Vergütung ist für diesen Personenkreis nicht vorgesehen. Diesen Pflegepersonen sind zwar die ihnen entstehenden Aufwendungen zu erstatten. In den Genuss einer festen Vergütung können sie jedoch nicht gelangen.
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. März 2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, eine Beschäftigung ihres Neffen als selbstbeschaffte Pflegekraft weiterhin zu finanzieren.
Die im Jahre 1961 geborene Antragstellerin leidet an den Folgen einer Conterganschädigung, die bei ihr eine 24-Stunden-Pflege erforderlich machen. Im Rahmen der ihr bisher gewährten Hilfe zur Pflege stellte sie diese durch selbst beschäftigte Pflegekräfte unter Mitwirkung von S. (ein Verein, der nach eigener Aussage behinderte Menschen unterstützt, die ihre Helferinnen im Rahmen der selbst organisierten Pflege selbst einstellen) auf der Grundlage des sogenannten Arbeitgebermodells nach § 66 Abs. 4 S. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) sicher. Der entsprechende Bewilligungsbescheid vom 22. März 2006 wurde bis zum 31. Januar 2007 befristet. Im Frühjahr 2006 hatte die Antragstellerin mit mehreren Pflegekräften Arbeitsverträge abgeschlossen, darunter am 20. Februar 2006 auch mit ihrem Neffen R. A., der ab 1. März 2006 die Pflege der Antragstellerin übernahm. Bei einem mit allen Pflegekräften vereinbarten Stundenlohn von 10,25 € brutto errechneten sich monatliche Gesamtkosten in Höhe von etwa 9.300,00 € (Kostenvoranschlag der S. vom 28. Februar 2006).
Mit Schreiben vom 17. November 2006 wies die Antragsgegnerin die Antragstellerin darauf hin, dass die Beschäftigung ihres Neffen als Pflegehilfe im Rahmen des § 66 Abs. 4 SGB XII nicht zulässig sei. Nach § 77 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI), der anzuwenden sei, seien Verträge mit Verwandten und Ver-schwägerten bis zum dritten Grad unzulässig. Die Lohnabrechnung für die Tätigkeit ihres Neffen über S. könne daher ab 1. Dezember 2006 nicht mehr erfolgen.
Im Dezember 2006 beantragte die Antragstellerin die Anerkennung der Weiterbeschäftigung ihres Neffen als Pflegehilfe bis zum 15. April 2007. Die Antragsgegnerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 17. November 2006 erneut mit, dass das Beschäftigungsverhältnis mit ihrem Neffen unzulässig sei und eine Abrechnung über S. nicht mehr erfolgen könne. Gleichwohl räumte die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Übergangsfrist bis zum 31. Januar 2007 unter der Voraussetzung ein, den Nachweis über die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses mit R.A. vorzulegen. Eine Verlängerung der Anerkennung des Vertragsverhältnisses ab dem 1. Februar 2007 sei nicht möglich.
Am 14. Dezember 2006 legte die Antragstellerin ein Schreiben des Inhalts vor, dass das Arbeitsverhältnis mit ihrem Neffen zum 31. Januar 2007 gekündigt werde. Das Schreiben enthält den Zusatz: "sollte ich bis zum 31. Januar 2007 keinen Ersatz gefunden haben, kann die Kündigung zurückgenommen werden vom Arbeitgeber, denn meine Versorgung muss sichergestellt werden."
Durch Bescheid vom 9. Februar 2007 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass diese bei einer Vorsprache vom 1. Februar 2007 die Anerkennung der Weiterbeschäftigung ihres Neffen beantragt und die Rücknahme seiner Kündigung vom 29. Januar 2007 vorgelegt habe. Es werde auf die Schreiben vom 17. November 2006 und 8. Dezember 2006 verwiesen, in welchem der Antragstellerin bereits bekannt gegeben worden sei, dass ab Februar 2007 die Lohnabrechnung für die Tätigkeit des R.A.. nicht mehr über S. erfolgen könne. Der Antragstellerin bleibe es überlassen, sich weiterhin von ihrem Neffen pflegen zu lassen und dafür gegebenenfalls ihr frei bleibendes Pflegegeld einzusetzen.
Am 26. Februar 2007 hat di...