Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammentreffen von Bergmannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG (Bergmannsrente nach Vollendung des 50. Lebensjahres) mit Arbeitslosengeld. Ruhen von Arbeitslosengeld. Ruhen der Bergmannsrente
Leitsatz (amtlich)
§ 118 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 AFG beruht auf der Konzeption des Arbeitsförderungsgesetzes, Personen, die bereits eine anderweitige versicherungsmäßige Versorgung erhalten und typischerweise aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, grundsätzlich kein Arbeitslosengeld zu gewähren. Bei einem Bezieher von Bermannsrente nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG (Bergmannsrente nach Vollendung des 50. Lebensjahres) ist dies nicht der Fall. Diese Rentenart ist deshalb im Rahmen des § 118 Abs. 1 AFG ebenso zu behandeln, wie die vor Vollendung des 50. Lebensjahres gewährte Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufstätigkeit (§ 45 Abs. 1 Nr. 1 RKG), so daß ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in diesem Falle nicht eintritt.
Ob umgekehrt die Leistung von Arbeitslosengeld nach § 80 RKG zum Ruhen des Anspruchs auf die nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 RKG zu gewährende Bergmannsrente führt, bleibt unentschieden.
Normenkette
AFG § 118 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1978-07-25; RKG § 80 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1978-07-25, § 45 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
SG Marburg (Urteil vom 03.08.1988; Aktenzeichen S-5/Ar-487/86) |
Nachgehend
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 3. August 1988 wird abgeändert. Die Bescheide der Beklagten vom 23. Juni 1986 sowie vom 11. April 1988 sowie der Widerspruchsbescheid vom 6. August 1986 in der durch das Teilanerkenntnis vom 3. August 1988 bestimmten Gestalt werden aufgehoben.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten. Eine weitere Kostenerstattung erfolgt nicht.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Gewährung einer Bergmannsrente zum Ruhen der Leistungen auf Arbeitslosengeld führt.
Der Kläger ist am … 1932 geboren. Er kam am 23. Dezember 1984 als Aussiedler in die Bundesrepublik Deutschland. Zuvor hatte er in der Volksrepublik Polen gelebt und war dort zuletzt als Abteilungssteiger im Steinkohlenbergbau beschäftigt.
Von der Beklagten erhielt der Kläger ab dem 7. Januar 1985 Arbeitslosengeld bei einer Anspruchsdauer von 468 Leistungstagen. Die Leistungsgewährung erfolgte zunächst bis zum 10. April 1985 und erneut – nach einer vorangehenden Gewährung von Unterhaltsgeld – ab dem 26. April 1985 bis zum 29. Mai 1986. In der Zeit vom 1. Dezember 1985 bis zum 29. Mai 1986 wurde an den Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 11.547,10 DM ausbezahlt.
Seit dem 23. Juni 1986 steht der Kläger wieder in einem Beschäftigungsverhältnis.
Am 5. Dezember 1985 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen die Gewährung von Bergmannsrente. Durch Bescheid vom 26. Mai 1986 wurde dem Rentenantrag des Klägers mit Wirkung zum 1. Dezember 1985 entsprochen. Vom 1. Dezember bis zum 30. Juni 1986 wurde die Bergmannsrente in Höhe von monatlich. 1.487,10 DM festgesetzt. Zusätzlich wurde ein Krankenversicherungszuschuß in Höhe von monatlich 108,56 DM zuerkannt und ein Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 175,48 DM abgezogen. Der Rentenbescheid enthält den Hinweis, daß wegen etwaiger Ansprüche dritter Stellen – genannt war auch das Arbeitsamt – die Nachzahlung für die Zeit vom 1. Dezember 1985 bis zum 30. Juni 1986 in Höhe von 9.941,26 DM vorsorglich einbehalten werde.
Die Abrechnung erfolge unaufgefordert, sobald die Sachlage geklärt sei. Die laufende Rentenzahlung wurde ab dem 1. Juli 1986 aufgenommen.
Die Beklagte wurde von der Beigeladenen mit Schreiben vom 26. Mai 1986 über die Rentengewährung unterrichtet. Die Beklagte stellte daraufhin mit Wirkung vom 29. Mai 1986 die Leistung von Arbeitslosengeld ein und machte gegenüber der Beigeladenen Erstattungsansprüche geltend. Die Beigeladene überwies daraufhin den gesamten Rentennachzahlungsbetrag, wie er von ihr für die Zeit vom 1. Dezember 1985 bis zum 30. Juni 1986 errechnet worden war, an die Beklagte.
Mit Bescheid vom 23. Juni 1986 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld gegenüber dem Kläger mit Wirkung vom 1. Dezember 1985 auf und forderte vom Kläger die bis zum 29. Mai 1986 gewährten Leistungen in Höhe von 11.547,10 DM unter Anrechnung der von der Beigeladenen erfolgten Erstattung zurück. Der dagegen vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 6. August 1986 zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid führte die Beklagte aus, die Bewilligung der Bergmannsrente habe mit Wirkung zum 1. Dezember 1985 zu einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld in voller Höhe geführt. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch X (SGB X) sei deshalb die Leistungsbewilligung ab dem 1. Dezember 1985 aufzuheben gewesen. Demzufolge sei der Kläger auch verpflichtet, die gewährten Leistungen in voller Höhe zurückzuzahl...