Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Todes. Einkommensanrechnung. Nichtanzeige einer Beschäftigungsaufnahme. mitwirkendes Verschulden des Rentenversicherungsträgers. Aufhebung der Rentenbewilligung. Atypischer Fall. Gutgläubiger Verbrauch der Sozialleistung. Verknüpfung von Versicherungskonten. Jahresfrist. Kenntnis
Leitsatz (amtlich)
Ein mitwirkendes Verschulden des beklagten Rentenversicherungsträgers liegt nicht vor, wenn zu dem bei ihm ebenfalls geführten eigenen Versicherungskonto der Klägerin (hier der Witwe) Entgelte aus abhängiger Beschäftigung gemeldet wurden. Angesichts der in sämtlichen Rentenbescheiden aufgeführten Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten besteht für Vorkehrungen der Beklagten, eine Rückkopplung der Witwenrente zum eigenen Versicherungskonto der Klägerin vorzunehmen, kein Anlass. Dass die Beklagte eine solche Kontenverbindung zu ihrer eigenen Sicherheit häufig herstellt, begründet ein anderes nicht. Denn die primäre Verpflichtung zur Einkommensanzeige obliegt dem Rentenbezieher.
Orientierungssatz
Zum Leitsatz vgl LSG Halle vom 19.1.2012 - L 1 R 36/09.
Normenkette
SGB VI § 97 Abs. 1; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 45 Abs. 4 S. 2
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen-
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Rückzahlung überzahlter Witwenrente für den Zeitraum von Oktober 2001 bis Mai 2009 in Höhe von 48.674,77 €.
Die Klägerin ist die Witwe des bei der Beklagten versichert gewesenen XA. (geb. 1947, verst. Januar 1999). Bis zu seinem Tode hatte der Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Auf ihren Antrag vom 1. Februar 1999 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 8. September 1999 ab Februar 1999 eine große Witwenrente sowie einen Zuschuss zum freiwilligen Pflegeversicherungsbeitrag.
Der Bescheid enthält unter der Überschrift “Mitteilungspflichten„ u.a. folgende Hinweise:
“Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen können Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen, das sind - Arbeitsentgelt - Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, - vergleichbares Einkommen - oder von Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen ... Die Meldung von Veränderungen erübrigt sich bei Einkommen aus einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit oder bei Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung."
Aufgrund der von der Klägerin im Rentenantragsverfahren gemachten Angaben zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit - Leitung eines Seniorenheimes - wurde auf die Witwenrente nach Ablauf des Sterbevierteljahres Einkommen angerechnet. Die Einzelheiten zur Einkommensanrechnung wurden in der Anlage 9 des Rentenbescheides vom 8. September 1999 dargestellt.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin rückwirkend ab Rentenbeginn einen Zuschuss zum freiwilligen Krankenversicherungsbeitrag. Nachdem die Klägerin nachträglich für das Jahr 1999 und auch 2000 Negativeinkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nachgewiesen hatte, berechnete die Beklagte die Witwenrente mit Bescheid vom 11. Juli 2000 ohne Anrechnung von Einkommen neu. Eine Überprüfung der Einkommenssituation der Klägerin von Amts wegen fand in den Folgejahren nicht statt; auch die Klägerin selbst erklärte sich nicht zu ihren Einkünften.
Im Rahmen des maschinellen Datenaustauschs erlangte die Beklagte im Oktober 2008 Kenntnis von einer ab Juli 2004 bestehenden Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2008 berechnete die Beklagte daraufhin die Witwenrente der Klägerin ab Dezember 2008 unter Ansatz eines Pflichtversicherungsverhältnisses in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung neu und stellte eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 7.059,29 € fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Bescheiden vom 6. Januar 2009 verfügte die Beklagte zum einen die Verrechnung der rückständigen Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mit der Rente, zum anderen forderte sie unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 2000 ab dem 1. Juli 2004 die überzahlten Beitragszuschüsse zum freiwilligen Krankenversicherungsbeitrag (3.139,14 €) zurück. Auch diese Bescheide wurden bindend.
Im Mahnverfahren wegen der letztgenannten Forderung teilte die Klägerin im Februar 2009 telefonisch und auch schriftlich mit, die überzahlte Rente nur in Raten zurückzahlen zu können. Zur Begründung wies sie dabei unter anderem auf ihren Angestelltenstatus hin.
Diese Mitteilung nahm die Beklagte zum Anlass, die Einkommensverhältnisse der Klägerin seit Rentenbeginn zu überprüfen. Dabei stellte sich heraus, dass die Klägerin ihre selbstständige Erwerbstätigkei...