Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.01.1998; Aktenzeichen S 27/5 Ka 1159/97) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. Januar 1998 abgeändert.
Der Widerspruchsbescheid vom 5. März 1997 bleibt insoweit aufgehoben, als dieser die Honorarkürung in Bezug auf die Leistungsnummer 4 EBM betrifft und die Beklagte wird verpflichtet, den Widerspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zur Hälfte zu erstatten. Die Klägerin hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zur Hälfte zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist eine Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in Bezug auf die Leistungsnummer 4 und der Leistungsgruppe 8 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) in den Quartalen I und II/95 in Höhe von 17.270 DM streitig.
Die Klägerin ist als Kinderärztin mit einer Praxis in Frankfurt a.M.-Nied niedergelassen und seit März 1980 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Jahr 1993 schloß sie erfolgreich eine Zusatzausbildung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ab. 90 % ihrer Patienten sind ausländischer Herkunft. Die Klägerin spricht mehrere Sprachen.
Die Praxis der Klägerin entwickelte sich in den streitigen Quartalen im Vergleich zur Vergleichsgruppe (Kinderärzte) wie folgt:
- |
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I/95 |
II/95 |
Fallzahl |
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Kl. |
557 |
488 |
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VG |
1210 |
1126 |
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Abweichung in |
% |
- 53,97 |
- 56,66 |
Fallkosten in DM |
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Kl. |
107,60 |
128,80 |
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VG |
80,17 |
70,21 |
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Abweichung in |
DM |
27,43 |
58,59 |
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% |
34 |
83 |
Leistungsnummer 4 |
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Fallkosten (Anzahl je 100 Fälle) |
Kl. |
15,66 (131) |
11,73 (98) |
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VG |
2,05 (17) |
2,11 (18) |
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ausf. Ärzte |
309 |
311 |
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Mehrkosten in |
% |
664 |
456 |
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DM |
13,61 |
9,62 |
Leistungsgruppe L 8 (800er Reihe) |
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(Sonderleistungen) |
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Fallkosten |
Kl. |
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65,68 |
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VG |
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19,07 |
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315 |
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Mehrkosten in |
DM |
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46,61 |
Kl. = Klägerin |
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VG = Vergleichsgruppe |
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Der Prüfungsausschuß der Ärzte und Krankenkassen (Prüfungsausschuß) führte auf Antrag der Beigeladenen und des Beklagten eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der ersten beiden Quartale des Jahres 1995 durch und setzte mit Bescheid vom 06. November 1995 für das Quartal I/95 eine Honorarkürzung im Bereich der Leistungsnummer 4 EBM von 10 DM pro Fall (insgesamt 5.570 DM) fest. Darüber hinaus setzte er mit Bescheid vom 08. Februar 1996 eine weitere Honorarkürzung für das Quartal II/95 im Bereich der Leistungsnummer 4 EBM in Höhe von 5 DM pro Fall (insgesamt 2.440 DM) und für den Bereich der Leistungsgruppe 8 in Höhe von 20 DM pro Fall (insgesamt 9.260 DM) fest.
Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung verwies sie auf den hohen Ausländeranteil ihrer Praxis. Auch habe sich die damit verbundene Problematik durch die Zunahme der Betreuung von Patienten aus „den Krisengebieten” weiter verschärft.
Nach Verbindung beider Widerspruchsverfahren ließ der Beklagte die Abrechnungsunterlagen durch den Kinderarzt Dr. B. prüfen und führte am 06. November 1996 eine Prüfsitzung in Anwesenheit der Klägerin durch.
Er wies im Anschluß die Widersprüche der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 05. März 1997 zurück. Zur Begründung führte er aus, die festgestellten Fallkosten seien weder unter den Gesichtspunkten der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit nachvollziehbar, noch seien die Mehrkosten auf Praxisbesonderheiten oder kausale Einsparungen zurückzuführen. Es hätten sich vielmehr Einsparungen erzielen lassen, ohne die Diagnostik oder die Therapie zu gefährden. Aufgrund eines statistischen Vergleichs in beiden Quartalen nach Durchschnittswerten sei im Bereich der Leistungsnummer 4 ein offensichtliches Mißverhältnis festzustellen. Bezogen auf die Leistungsnr. 4 sei im Quartal I/95 eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 13,61 DM pro Fall (= 663,9 % absolut) und im Quartal II/95 um 9,62 DM pro Fall (= 455,92 % absolut) ausgewiesen.
Auch im Bereich der Sonderleistungen (Leistungsgruppe 8) sei im Quartal II/95 ein offensichtliches Mißverhältnis festzustellen. Zwar erbringe die Klägerin Leistungen dieser Gruppe, die von weniger als 50 % der in der Fachgruppe erfaßten Kollegen in Ansatz gebracht werden würden (dies betreffe die Nr. 342, 820, 825, 826 und 830 EBM). Diese Leistungen würden den Fallkostendurchschnitt der Klägerin um 7,45 DM gegenüber 0,19 DM pro Fall der Vergleichsgruppe belasten. Auch nach Bereinigung des Fallwertes der Klägerin um diesen Mehrbedarf von 7,26 DM pro Fall ergebe sich für das Quartal II/95 in der Leistungsgruppe 8 eine Überschreitung des Vergleichsgruppendurchschnitts in Höhe von 39,35 DM, bzw. 206,3 % absolut pro Fall. Ein Herausrechnen der Leistungen der Klägerin nach den Nrn. 840, 841, 845, 846 und 847 EBM könne nicht erfolgen, da dies fachgruppentypische Leistungen seien. Somit könne auch in diesem Leistungsbereich ein statistischer Fallkostenvergleich nach Durchschnittswerten durchgefüh...