Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Verweisbarkeit. Berufskraftfahrer. Ausbildungsdauer
Orientierungssatz
1. Zur Verweisbarkeit eines (angelernten) Berufskraftfahrers.
2. Da die handwerklichen Lehrberufe, die bestimmendes Leitbild für den Facharbeiter sind, in aller Regel eine Ausbildungszeit von etwa drei Jahren erfordern, in denen die berufsqualifizierenden Kenntnisse und Fertigkeiten erlangt werden, erscheint es grundsätzlich nicht gerechtfertigt, bereits Ausbildungsberufe mit einer Ausbildungszeit von lediglich zwei Jahren Dauer der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen.
Nachgehend
Tenor
I. |
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Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 18. August 2009 wird zurückgewiesen. |
II. |
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Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. |
III. |
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Die Revision wird nicht zugelassen. |
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der 1960 geborene Kläger absolvierte von 1975 bis 1978 eine Ausbildung zum Gärtner und war nach bestandener Abschlussprüfung bis 1981 - unter anderem auch bei der Deutschen Bahn AG - im erlernten Beruf versicherungspflichtig erwerbstätig. Nach Arbeitslosigkeit arbeitete der Kläger ab 1982 sodann als Berufskraftfahrer, zuletzt von 2000 bis 2005 als Auslieferungsfahrer bei einem Wäschereibetrieb.
Am 29. November 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Nach Beiziehung von Krankenunterlagen und Einholung einer Arbeitgeberauskunft der Wäscherei E. (ohne Datum) wurde er auf Veranlassung der Beklagten am 14. Februar 2006 in der Untersuchungs- und Begutachtungsstelle E-Stadt untersucht.
Im Rentengutachten vom 20. Februar 2006 diagnostizierte die Ärztin für Lungenkrankheiten bei dem Kläger eine somatoforme autonome Funktionsstörung des Urogenitalsystems, verdachtsweise eine rheumatische Erkrankung bei positiven Rheumafaktoren, serologisch positive Zeichen für eine Borreliose sowie eine chronisch obstruktive Bronchitis bei Raucheranamnese. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen sei der Kläger als Gärtner nicht mehr einsetzbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er hingegen noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (ohne Wechselschicht sowie möglichst in geschlossenen Räumen) im zeitlichen Umfang von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr verrichten. In Betracht komme für den Kläger zum Beispiel noch eine Tätigkeit als Hauswart, als Staplerfahrer, als Pförtner oder als Telefonist.
Nach Auswertung dieses Gutachtens lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 28. April 2006 und Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2006 (abgesandt am 22. Dezember 2006) mit der Begründung ab, dass der Kläger trotz der vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch für die Dauer von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen verrichten könne und deshalb noch nicht in rentenberechtigendem Grade erwerbsgemindert sei.
Der Kläger erhob daraufhin am 29. Dezember 2006 Klage bei dem Sozialgericht Kassel und machte geltend, dass die bei ihm vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht hinreichend gewürdigt worden seien. Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, dass eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Ausmaß bei dem Kläger nach dem Ergebnis der eingeholten Gutachten nicht als nachgewiesen angesehen werden könne.
Das Sozialgericht holte zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts zunächst Befundberichte des Arztes für Innere Medizin - Rheumatologie - G. vom 12. März 2007, des Urologen Dr. med. H. vom 13. März 2007 sowie des Internisten Dr. med. J. vom 1. März 2008 ein und erhob nachfolgend von Amts wegen Beweis durch Einholung eines psychiatrisch-psychosomatischen sowie eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens.
Der Arzt für Psychiatrie sowie für Psychosomatische Medizin - Psychotherapie - Dr. med. K. diagnostizierte im Sachverständigengutachten vom 22. Juli 2008 im Anschluss an eine ambulante Untersuchung vom 30. Mai 2008 bei dem Kläger eine somatoforme autonome Funktionsstörung des Urogenitaltraktes (Harnblasenentleerungsstörung), eine Somatisierungsstörung (Spannungskopfschmerzen, Schlafstörungen, Schmerzen), leichtgradige agoraphobe Tendenzen (Angst vor Menschenansammlungen) sowie eine zwanghaft phobisch-narzisstische Persönlichkeitsausprägung mit noch erhaltener individueller Belastbarkeit und Kompensationsfähigkeit der Struktur. Er mutete dem Kläger unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen noch leichte und mittelschwere, gelegentlich auch schwere körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen (ohne Zwangshaltungen sowie ohne ständige Bückarbeiten) im zeitlichen Umfang von arbeitstäglich mindestens sechs Stunden zu. Der Kläger sei sowohl im bisherigen Beruf des Kraftfahrers...