Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsschadensausgleich. Einkommensverlust. vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben wesentlich mitbedingt durch die anerkannten Schädigungsfolgen. soziale Sicherung. Vollendung des 60. Lebensjahres. Altersruhegeld wegen Schwerbehinderung. Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ein Einkommensverlust im Sinne des § 30 Abs. 3 BVG liegt im Falle des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben nur dann vor, wenn der Beschädigte wesentlich mitbedingt durch die anerkannten Schädigungsfolgen sozial gesichert aus dem Erwerbsleben ausscheiden konnte. Von einem „sozial gesicherten Ausscheiden mitbedingt durch die Schädigungsfolgen” ist auch dann auszugehen, wenn der Beschädigte erst über ein Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben mit der Vollendung des 60. Lebensjahres ein Altersruhegeld wegen Schwerbehinderung in Anspruch nehmen konnte. Dies gilt selbst dann, wenn er wenige Wochen später ebenfalls einen Anspruch auf ein Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit gehabt hätte.
Normenkette
BVG § 30 Abs. 2; RVO § 1248 Abs. 1-2; AVG § 25 Abs. 1-2
Verfahrensgang
SG Gießen (Urteil vom 16.02.1998; Aktenzeichen S 15 V 851/97) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 16. Februar 1998 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Berufsschadensausgleich – BSA – wegen des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben vor Vollendung des 65. Lebensjahres aufgrund einer Schwerbehinderung unter Berücksichtigung von anerkannten Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz – BVG –.
Bei dem am 13. Januar 1924 geborenen Kläger erkannte der Beklagte mit Erstanerkennungsbescheid vom 20. April 1978 als Schädigungsfolgen an:
Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks mit Falschbildung des rechten Kahnbeines und arthrotischen Veränderungen bei noch liegenden Metallteilen. Muskelverschmächtigung des rechten Armes. Narben am rechten Ober- und Unterschenkel.
Die MdE bewertete er mit 30 v.H.. Zugleich benannte er folgende Nichtschädigungsleiden:
- Verlust des rechten Auges,
- Eiweißausscheidung im Urin unbekannter Ursache,
- Arthrotische Veränderungen beider Kniegelenke und Knochenwülste im oberen Teil beider Schienbeine,
- Senkspreizfuß beiderseits.
Als Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz – SchwbG – stellte er in dem Bescheid vom 8. Mai 1978 zum einen die anerkannten Schädigungsfolgen und zum zweiten den Verlust des rechten Auges mit einem Einzelgrad der Behinderung – GdB – von 30 fest. Den Gesamt-GdB bewertete er mit 50.
Durch Bescheid vom 4. Januar 1984 bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte – BfA – dem Kläger eine Versichertenrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und anerkannter Schwerbehinderung nach dem SchwbG unter Berücksichtigung eines Versicherungsfalles vom 12. Januar 1984. Rentenbeginn war der 1. Februar 1984.
Der Kläger war zwischen 1952 und dem 30. November 1982 bei der … in Großauheim, zuletzt als Gruppenleiter der Finanz- und Bilanzbuchhaltung, beschäftigt gewesen. Er schied zum 30. November 1982 in gegenseitigem Einvernehmen aus dem Unternehmen aus, wie aus einer von dem Beklagten beigezogenen Arbeitgeberbescheinigung vom 27. Oktober 1982 zu entnehmen ist. Zugleich heißt es in dieser Bescheinigung, daß der Gesundheitszustand des Klägers eine ordnungsgemäße Arbeitsführung nicht mehr zugelassen habe. In dem dem Kläger erteilten Zeugnis vom 30. November 1982 wird ausgeführt, daß der Kläger wegen einer erheblichen Personalreduzierung in den Ruhestand versetzt worden sei.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bezog der Kläger vom 8. Dezember 1982 bis zum 18. Februar 1983 Krankengeld und ab dem 19. Februar 1983 bis zum 31. Januar 1984 Arbeitslosengeld. Er hatte einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für 312 Tage, den er allerdings bis zum Rentenbeginn nicht erschöpfte. Ausweislich des von dem Beklagten beigezogenen Versicherungsverlaufs der BfA wurden für den Kläger vom 1. Dezember 1982 bis zum 7. Dezember 1982 noch Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet.
Auf Aufforderung des Beklagten beantragte der Kläger am 23. Juli 1996 die Gewährung von BSA wegen des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben. Er führte aus, daß er seiner Arbeit wegen der Verletzung und der Behinderung an der rechten Hand in den letzten Jahren nur noch unter erschwerten Bedingungen und unter erheblichem Kraftaufwand habe nachkommen können. Zur Untermauerung dieses Vertrages reichte er eine Bescheinigung der BG-Unfallklinik vom 15. Juni 1977 zu den Akten. Hierin wird über die Beschwerden des Klägers mit dem rechten Handgelenk und mögliche therapeutische Maßnahmen berichtet.
Durch Bescheid vom 5. November 1996 lehnte der Beklagte die Gewährung der beantragten Leistungen mit der Begründung ab, daß der Kläger wegen der Personalreduzierung bei der … und nicht wegen der anerkannte...