Entscheidungsstichwort (Thema)

Angehörige der Besatzungsmächte. Verkehrsmittel der Besatzungsmächte. Besatzungsschaden, 5. Mai 1955, 12.00 Uhr mittags. Besatzungsmacht im völkerrechtlichen Sinne

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Gesetz Nr. 47 der Alliierten Hohen Kommission vom 8. Februar 1951 – Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission 1951, S. 767 – und das Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden vom 1. Dezember 1995 – BGBl. I, 734 – enthalten Vorschriften im Sinne des § 5 Abs. 2 Buchstabe a BVG, die dazu führen, daß im Falle ihrer Anwendbarkeit die Gewährung von Leistungen nach dem BVG ausscheidet. Dementsprechend sind Entschädigungsleistungen nach dem BVG für Schäden, die durch Angehörige der Besatzungsmächte oder durch Verkehrsmittel der Besatzungsmächte verursacht worden sind, nach dem 31. Juli 1945 nur noch nach § 89 Abs. 1 BVG (Weitergewährung bereits bindend bewilligter Leistungen) zu erbringen (Fortführung der Entscheidung des BSG vom 26. Oktober 1956 – 8 RV 321/54).

2. § 5 Abs. 2 Buchstabe a BVG findet im Bereich der Bundesrepublik Deutschland – Westzonen – nur für die Folgen von Schäden Anwendung, die vor dem 5. Mai 1955, 12.00 mittags, verursacht worden sind. Nach dem 5. Mai 1955, 12.00 Uhr mittags, hat es sich bei den Angehörigen der US-amerikanischen Streitkräfte nicht mehr um solche einer Besatzungsmacht im völkerrechtlichen Sinne gehandelt (Fortführung der Entscheidung des BSG vom 7. Juli 1955 – 10 RV 160/54).

 

Normenkette

BVG § 5 Abs. 2 Buchst. a

 

Verfahrensgang

SG Gießen (Urteil vom 03.08.1995; Aktenzeichen S-16/V-887/93)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 3. August 1995 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz – BVG – an den Kläger für die gesundheitlichen Folgen nach einem Verkehrsunfall vom 11. April 1956 zwischen ihm und einem LKW, der von einem Angehörigen der US-Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland gefahren wurde.

Der am 10. August 1926 geborene Kläger befand sich am 11. April 1956 auf dem Weg zur Arbeit als Zivilbediensteter der US-amerikanischen Streitkräfte, als ein LKW der US-amerikanischen Streitkräfte in Gießen, nach Mißachtung der Vorfahrt, mit ihm zusammenstieß. Das Verfahren gegen den Fahrer des LKW, den Soldaten … wurde durch Einstellungsbescheid des Oberstaatsanwaltes in Gießen (Az.: 7 Js 801/56) vom 15. Mai 1956 beendet. Aus einem Krankenblatt des Evangelischen Schwesternhauses in Gießen – Abteilung Chirurgie – ergibt sich, daß der Kläger bei dem Zusammenstoß auf den Kopf und das rechte Kniegelenk gefallen war. Er selber hatte vorgebracht, bis zu 15 Minuten bewußtlos gewesen zu sein. Es wurden am Kinn eine leichte Schürfwunde und am rechten Kniegelenk eine flache Hauterosion, die nicht blutete, festgestellt. Weitere äußere Verletzungen fanden sich nicht. Der Kläger klagte über diffuse Kopfschmerzen. Aus einer Röntgenuntersuchung ergab sich nach Auffassung der den Kläger im Evangelischen Schwesternhaus behandelnden Ärzte eine Berstungsfraktur am Parietalknochen links, am Übergang von der Occipitalschuppe zum Temporale. Nach 28tägigem Krankenhausaufenthalt wurde der Kläger gehfähig unter weiterer Schonung nach Hause entlassen. Aus dem Krankenblatt des Evangelischen Schwesternhauses ergibt sich des weiteren, daß der Kläger am 18. Juni 1956 bei einer Nachschau nach wie vor unter Kopfschmerzen litt. Am 6. Juli 1956 sei ihm beim Fahren eines Autoliftes grün vor Augen geworden. Es wird weiter ausgeführt, daß eine neuro-vegetative Störung vorläge, die einer weiteren Klärung bedürfe, da der Kläger bei dem Unfall im April 1956 nur eine unvollständige Gehirnerschütterung erlitten habe. Auch am 28. Juni 1957 wäre ihm auf einer Dienstfahrt wieder übel geworden und im Dezember 1958 klagte der Kläger ausweislich des Krankenblattes des Evangelischen Schwesternhauses über ziehende Schmerzen an der linken Seite. Wegen der Entschädigung der Folgen des Verkehrsunfalles beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen durch die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Amt für Verteidigungslasten, der nunmehrigen Beigeladenen. In den Akten der Beigeladenen findet sich unter dem Datum des 8. August 1956 ein amtsärztliches Gutachten des Dr. … (Gesundheitsamt Gießen), in dem die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers – MdE – zunächst mit 20 v.H. und nach einem Erholungsaufenthalt mit 0 v.H. wegen psychotischer Überlagerung der Beschwerden bewertet wird. Durch Bescheid vom 15. Dezember 1958 bewilligte die Beigeladene Entschädigungsleistungen zu einem Teil und wies im übrigen den Antrag zurück. Durch Mitteilung vom 30. Dezember 1957 gewährte die Hessische Ausführungsbehörde für die gesetzliche Unfallversicherung (Az.: D59 935) vorläufige Fürsorge nach § 1735 Reichsversicherungsordnung – RVO –. Zugleich heißt es in dieser Mitteilung, daß ab dem 30. April 1957 keine zu entschädig...

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