Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittel. behindertengerechte Ausstattung eines Kraftfahrzeugs

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Anspruch auf Kostenerstattung für die behindertengerechte Ausstattung eines Kraftfahrzeugs als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 10. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung der Kosten für die behindertengerechte Ausstattung (Einbau eines orthopädischen Pkw-Sitzes, eines automatischen Getriebes und eines Tempomats) seines Kraftfahrzeuges Mercedes AQ.Vaneo in Höhe von insgesamt 4.481,51 Euro. Der 1940 geborene Kläger ist geh- und stehbehindert durch das Vorliegen eines degenerativen Wirbelsäulensyndroms, einer Ankylose (Versteifung) der rechten Hüfte, dem Zustand nach Osteomyelitis und einer Coxarthrose links. Der Kläger ist ehemaliger Lehrer und inzwischen in den Ruhestand versetzt. Von der Beklagten, bei der er freiwillig versichert ist, ist er mit einem Arthrodesenstuhl, orthopädischen Schuhen, einem Toilettensitz und einer An- und Ausziehhilfe versorgt worden. Im März 2003 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine behindertengerechte Umrüstung des von ihm schon angeschafften Mercedes AQ. Vaneo und machte geltend, auf diesem Wege könnten seine Mobilität und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben weiterhin ermöglicht werden. Der Kläger legte dazu einen Kostenvoranschlag der Reha-Gruppe, eine ärztliche Stellungnahme seiner behandelnden Ärzte Dr. J. P. und Dr. Z. P. vom 6. März 2003, eine Bescheinigung des Arbeitskreises für Musik e. V. vom 18. März 2003 über die Mitgliedschaft des Klägers im B. H. Festspielchor und im Opernchor der H. Stiftsruine sowie eine Bescheinigung der Evangelischen Kirchengemeinde A-Stadt vom 18. Februar 2003 über die Mitgliedschaft im Kirchenchor als ehrenamtliche Tätigkeit vor. Die Beklagte verwies den Kläger an den Sozialhilfeträger. Mit Bescheid vom 7. April 2003teilte der Landeswohlfahrtsverband Hessen dem Kläger mit, das Integrationsamt könne dem Kläger keine Leistungen gewähren, da Voraussetzung dafür sei, dass dieser zum Zeitpunkt der Antragstellung noch im Arbeitsleben stehe bzw. einen konkreten Arbeitsplatz in Aussicht habe. Der Kläger sei bereits in den Ruhestand versetzt und gehöre damit nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis, für den Leistungen im Rahmen der begleitenden Hilfe nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch -Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) vorgesehen seien. Der Kläger wandte sich daraufhin wegen der Kostenbeteiligung wiederum an die Beklagte, die den Antrag mit Bescheid vom 23. Mai 2003 ablehnte. Die Krankenversicherung sei nicht für die Versorgung mit Hilfsmitteln zuständig, die Folgender Behinderungen in besonderen Lebensbereichen ausgleichen sollten und nicht zur Realisierung von elementaren Grundbedürfnissen erforderlich seien. Die von dem Kläger gewünschte Umrüstung des Fahrzeuges sowie der Einbau eines orthopädischen Sitzes würden nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fallen. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2003 zurück. Sie habe den Kläger u. a. mit einem Arthrodesenstuhl und orthopädischen Schuhen versorgt und damit einen Basisausgleich der Behinderung für den Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung erreicht. Das Autofahren sei der sozialen Eingliederung Behinderter zuzuordnen, für die andere Sozialleistungsträger zuständig seien. Der Kläger hat am 8. Oktober 2003 Klage beim Sozialgericht Kassel erhoben und geltend gemacht, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien als Hilfsmittel im Sinne der §§ 182 b Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 33Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) Mittel, die nur mittelbar oder teilweise die Organfunktionen eines Behinderten betreffen, dann als Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung anzusehen, wenn sie die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (Beruf, Gesellschaft, Freizeit)betreffen, sondern im gesamten täglichen Leben (allgemein) beseitigen oder mildern und damit ein “Grundbedürfnis des täglichen Lebens" beträfen. Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen gehöre auch die Gewährung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dieses Grundbedürfnis könne er nur befriedigen, wenn ihm ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug zur Verfügung stehe; ohne den behindertengerechten Umbau könne er überhaupt nicht Auto fahren. Er habe immer ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug gefahren, wobei die Kosten für den Umbau von dem Landeswohlfahrtsverband getragen worden seien. Dieses alte Aut...

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