Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragszahnärztliche Versorgung. Vorliegen eines Schadensersatzanspruches wegen mangelhaftem Zahnersatz. Versicherter. Recht auf außerordentliche Kündigung des Behandlungsvertrages

 

Orientierungssatz

1. Ein Schadensersatzanspruch wegen mangelhafter Prothetikleistung setzt voraus, dass der Versicherte aufgrund eines schuldhaften, vertragswidrigen Verhaltens des Zahnarztes unzulänglich behandelt worden ist und zur Beendigung bzw Kündigung des Behandlungsverhältnisses veranlasst worden ist. Dazu genügt noch nicht allein die Tatsache, dass die im Rahmen der dem Zahnarzt obliegenden Dienstleistung erbrachte Leistung mit Mängeln behaftet ist. Erforderlich ist ein zur Kündigung berechtigendes schuldhaftes, rechtswidriges Verhalten des Zahnarztes, das dann vorliegt, wenn das Arbeitsergebnis unbrauchbar ist und eine Nachbesserung entweder nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar erscheint (vgl BSG vom 2.12.1992 - 14a RKa 43/91 = SozR 3-5555 § 9 Nr 1) .

2. Einem Versicherten steht nach wiederholter Ablehnung der von ihm verlangten Mängelbeseitigung durch den Vertragszahnarzt ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Behandlungsvertrages zu, denn es ist ihm nicht zuzumuten, nach einer mehrere Monate dauernden unzulänglichen Versorgung mit Zahnersatz weiter zuzuwarten .

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.11.2006; Aktenzeichen B 6 KA 21/06 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben der Beklagten auch deren notwendige außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten und tragen die Gerichtskosten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Regress in Höhe von 2.347,10 € wegen fehlerhafter Versorgung mit Zahnersatz der bei der Beigeladenen versicherten B B-T (geb. ... 1948; im Folgenden: die Versicherte).

Der Kläger und die Klägerinnen sind als Zahnärzte/-innen zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen und führen eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in Z/B.

Aufgrund des Heilkostenplanes vom 1. August 2002, den die Beigeladene am 22. August 2002 mit einem Kassenanteil in Höhe von 2.347,10 € genehmigt hatte, gliederte der Kläger zu 1) bei der Versicherten Zahnersatz im Unterkiefer ein und versorgte die Zähne 34, 33, 42 und 43 mit Kronen. Die Beklagte zahlte hierfür einen Zuschuss in Höhe des Kassenanteiles von insgesamt 2.347,10 €. Die Versicherte wandte sich wegen der Unzulänglichkeit des Zahnersatzes an die Beigeladene und teilte unter dem 23. November 2002 mit, am 7., 14., 21. und 28. Oktober 2002 hätten Nachbehandlungen stattgefunden und am 14. November 2002 eine weitere Sitzung. Trotz ihrer Beanstandungen und Beschwerden sei der Zahnersatz nicht funktionstüchtig gewesen. U.a. machte sie geltend, sie habe das Gefühl, die ganze Kraft liege auf den beiden überkronten Zähnen. Manchmal beiße sie sich beim Kauen auf die Lippe oder ins Zahnfleisch; es gelinge gelegentlich auch nicht den Zahnersatz herauszunehmen. Sie habe Beschwerden beim Zähneputzen sowie beim Kauen das Gefühl, dass sich der Zahnersatz auf der gegenüberliegenden Seite leicht anhebe. Auch sei rechts unten eine Stelle, die sie mit der Zunge berühre, was sie als störend empfinde.

Die Beigeladene leitete das Gutachtenverfahren ein und beauftragte am 5. Dezember 2002 den Zahnarzt Dr. E, S-J, mit der Erstellung eines Gutachtens. In seinem Gutachten vom 19./20. Dezember 2002 stellte Dr. E fest, dass bei Inspektion der Mundhöhle eine formale und farbliche Diskrepanz zwischen den hergestellten Kronen und den unversorgten und Kiefer-Frontzähnen festzustellen sei. Die Palpation der teilweise freiliegenden Kronenränder löse extreme Überempfindlichkeitsreaktionen aus. Im Hinblick auf diese sowohl formalen als auch farblichen Mängel und das Bestehen von Hypersensibilitäten im Kronenrandbereich erscheine eine Nachbesserung des Zahnersatzes nicht Erfolg versprechend; vielmehr sei die Erneuerung der gesamten prothetischen Arbeit unumgänglich.

Der Kläger, hierzu gehört, machte u.a. geltend, er könne die formale und farbliche Diskrepanz nicht nachvollziehen. Auch sei die Farbauswahl von der Versicherten bei der Eingliederung nicht bemängelt worden. Die Notwendigkeit einer Neuanfertigung könne er nicht nachvollziehen, weshalb er ein Obergutachten wünsche.

Mit diesem Obergutachten beauftragte die Beigeladene sodann den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) in Hessen, wo Dr. M in F am M nach einer Untersuchung der Versicherten am 20. Februar 2003 in seinem Gutachten vom 7. März 2003 zu dem Ergebnis gelangte, dass der Unterkieferzahnersatz nicht fehlerfrei und insbesondere nicht funktionsfähig sei. Eine Instandsetzung bzw. Wiederherstellung des Zahnersatzes sei befundgerecht praktisch nicht mehr ausführbar, da die vorhandenen Mängel eine Neuanfertigung des gesamten Zahnersatzes erforderlich machen würden. U.a. wurden Mängel in der Kronenrandgestaltung ...

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