Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Beitragszuschüssen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung

 

Orientierungssatz

1. Durch die Aufnahme in die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) entsteht für den Rentenempfänger Versicherungspflicht. Mit diesem Zeitpunkt endet eine zuvor bestehende freiwillige Mitgliedschaft bei der Krankenkasse. Damit sind die Voraussetzungen für eine Weitergewährung der bis dahin bewilligten Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß §§ 106, 106 a SGB 6 nicht mehr erfüllt.

2. Der Rentenempfänger ist nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB 1 verpflichtet, dem Rentenversicherungsträger seine Aufnahme in die KVdR mitzuteilen. Dies gilt selbst dann, wenn die mitzuteilenden Änderungen dem Leistungsträger bereits bekannt sein sollten.

3. Ist der Versicherte über seine Mitteilungspflicht in einem Bescheid des Rentenversicherungsträgers belehrt worden, so handelt er zumindest grob fahrlässig, wenn er den Rentenversicherungsträger über das Ende seiner freiwilligen Mitgliedschaft bzw. den Eintritt der Krankenversicherungspflicht nicht unterrichtet.

4. In einem solchen Fall kann der Rentenversicherungsträger die gewährten Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung nach §§ 48 Abs. 4 S. 1, 45 Abs. 4 S. 2 SGB 10 rückwirkend aufheben.

5. Die zu Unrecht erbrachten Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sind vom Rentenempfänger nach § 50 Abs. 1 SGB 10 zu erstatten.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 15. März 2011 abgeändert und die Klage im vollen Umfang abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zu gelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Beitragszuschüssen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 4.066,40 €.

Der 1937 geborene Kläger war seit dem 1. August 1986 als Tankwart bei der Firma XY. GmbH, XY-Stadt, beschäftigt. Er bezog seit dem 1. Januar 1998 Altersrente für Schwerbehinderte, die ihm die Beklagte mit Bescheid vom 14. November 1997 gewährt hatte. Er war damals freiwilliges Mitglied in der AOK Hessen.

Am 11. Dezember 1997 stellte der Kläger einen Antrag auf Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung, dem die Beklagte mit gesonderten Bescheiden vom 23. Dezember 1997 für die Zeit ab 1. Januar 1998 entsprach. Beide Bescheide enthielten im Abschnitt “Mitteilungspflichten und Hinweise„ die ausdrückliche Erläuterung, dass der Anspruch auf Beitragszuschuss mit der Aufgabe oder dem Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfalle, weshalb die gesetzliche Verpflichtung bestehe, dem Rentenversicherungsträger jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses mitzuteilen.

Durch Kurzmitteilung der AOK Hessen vom 24. Juli 2000 erfuhr die Beklagte von der Beendigung der dortigen freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers bereits zum 1. Januar 2000. Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 21. August 2000 zu ihrer Absicht an, die Gewährung der Beitragszuschüsse mit Wirkung vom 1. Januar 2000 gemäß § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben und von ihm überzahlte Beitragszuschüsse in Höhe von 919,83 DM zurückzufordern.

Nachdem ihr von der Beigeladenen mit Schreiben vom 28. August 2000 mitgeteilt worden war, dass der Kläger seit dem 1. Januar 2000 nunmehr dort freiwillig krankenversichert sei, gewährte ihm die Beklagte ab dem 1. Januar 2000 Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung (Bescheide vom 31. August 2000). Dabei erläuterte sie dem Kläger abermals, dass der Anspruch auf Beitragszuschuss mit der Aufgabe oder dem Ruhen seiner freiwilligen Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfalle und deshalb die gesetzliche Verpflichtung bestehe, dem Rentenversicherungsträger jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses mitzuteilen.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2002 informierte die Beigeladene den Kläger unter anderem darüber, dass er ab 1. April 2002 die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner erfülle. Er bleibe weiterhin Mitglied bei ihr, allerdings entstehe für ihn ab 1. April 2002 kraft Gesetzes eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner. Die bisherige freiwillige Versicherung ende am 31. März 2002. Ab 1. April 2002 werde der Beitragsanteil aus der Rente bei der Auszahlung der Rente einbehalten und zusammen mit dem Anteil des Rentenversicherungsträgers an sie, die Beigeladene, abgeführt.

Die Beklagte ihrerseits erhielt erst am 23. Oktober 2007 Kenntnis davon, dass der Kläger bereits seit dem 1. April 2002 gesetzlich krankenversicherungspflichtig ist.

Nach Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 25. Januar 2008 ihre Bescheide vom 31. August 2000 über die Bewilligung der Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung mit Wirkung vom 1. April 2002 auf (Ziffer 1) und verlangte vom Kläger die Erstattung d...

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