Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.10.1987; Aktenzeichen S-8/U-86/82) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Oktober 1987 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Entschädigung verschiedener Gesundheitsstörungen als Folge von Berufskrankheiten (BKen).
Die am 16. April 1929 in S./Ukraine geborene Klägerin ist als Vertriebene im Sinne des § 1 Bundes Versorgungsgesetz (BVG) und als Heimkehrerin im Sinne des § 1 Abs. 3 Heimkehrergesetz (HKG) anerkannt. Nach Umsiedlung in den W. und weiterer Flucht wurde sie am 25. März 1945 in der Nähe von C. von sowjetischen Truppen interniert, im Oktober 1945 nach Sibirien verschleppt und dort u.a. wegen der Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit am 4. Mai 1944 zu 20 Jahren Zwangsarbeit und Zwangssiedlung verurteilt. In Sibirien arbeitete sie laut Arbeitsbuch u.a. von Mai 1946 bis März 1960 als Putzmaurerin. Nach einer gewissen Erleichterung der Lebensbedingungen durch Dekret vom 13. Dezember 1955 und Umzug nach Lettland war sie zunächst wiederum als Putzmaurerin (Juni 1962 bis November 1962) und später u.a. als Malerin (Oktober 1964 bis Juli 1966) und Heizerin (Oktober 1966 bis April 1967, August 1967 bis September 1970) tätig. Am 24. Oktober 1975 wurde sie mit ihrer Familie aus dem Gewahrsam der UdSSR entlassen und meldete sich am 25. Oktober 1975 in der Bundesrepublik Deutschland in F. an. Von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Berlin erhält die Klägerin seit dem 5. März 1977 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Als Schädigungsfolgen nach dem BVG wurden vom Versorgungsamt F. bislang Persönlichkeitsveränderungen durch Verfolgungserlebnisse im jugendlichen Alter, Unfallfolgen am rechten Klein- und Zeigefinger sowie im Sinne der Verschlimmerung einer Spondydolyse und Spondylolisthesis im Bewegungssegment L 4/5 mit Folgeerscheinungen anerkannt und die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 50 v.H. bewertet (Bescheid vom 22. November 1988). Insoweit ist beim Hessischen Landessozialgericht (HLSG) noch ein Verfahren anhängig (Az.: L-5/V-508/87). Nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) wurde wegen dieser und weiterer Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, der Schulter-, Hüft- und Kniegelenke sowie wegen Entfernung der linken Brust ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 v.H. anerkannt (Az.: L-5/Vb-1172/87).
Am 18. November 1980 beantragte die Klägerin über den Deutschen Bundestag bei der Beklagten die Gewährung einer Fremdrente. Sie machte geltend, daß alle bestehenden Gesundheitsstörungen im Bereich der Schulter-, Hüft- und Kniegelenke, der Hände, Beine und der gesamten Wirbelsäule, Erkrankungen von Magen, Blase, Lunge, Durchblutungs- und Herz-Kreislaufstörungen sowie ein im September 1976 diagnostiziertes und operiertes Mamma-Carzinom der linken Brust auf die ca. 14jährige Tätigkeit als Putzmaurerin, die etwa 2jährige Tätigkeit als Malerin und die 4jährige Tätigkeit als Heizerin zurückzuführen seien. Die körperlich schwere Tätigkeit als Putzmaurerin mit Tragen schwerer Lasten Verputzen u.a. von Decken in, ungünstiger Körperhaltung und häufigen Arbeiten im Knien und in gebückter Haltung habe sie unter unerträglichen Arbeitsbedingungen, u.a. ohne jede technische Hilfe, bei schlechtem Essen, völlig unzureichender Kleidung und Temperaturen bis zu -35° C verrichten müssen. Bereits 1947 seien Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule aufgetreten. Häufige Stöße gegen die linke Brust durch das Brett mit dem Mörtel und Quetschungen bei vielen anderen Arbeiten seien auch Ursache des Brustkrebses. Hinzu komme noch die Staubbelastung durch Baustoffe wie Kalk, Zement, Gips und Asbest. Die spätere Tätigkeit als Heizerin an einem Hochdruckdampfkessel, bei der sie täglich tonnenweise Kohlen habe schaufeln müssen, sei ebenfalls körperlich schwer gewesen. Gleiches gelte für die Tätigkeit als Malerin, bei der in jeder Schicht bis zu 16 Tonnen Gewicht bewegt worden seien. Außerdem habe sie hier den ganzen Tag mit einer an einem Hochdruckschlauch angeschlossenen Spritzpistole mit ca. 700 g Farbe in ausgestreckter Hand arbeiten müssen, wobei es durch die Dämpfe von Nitrofarben, Nitroverdünnern oder Aceton zu einer chronischen Halserkrankung gekommen sei.
Die Beklagte zog ein im Auftrag der BfA erstelltes chirurgisches Gutachten vom 24. April 1979 des Dr. Ha. bei und ließ von Dr. Sch. unter dem 15. Juli 1981 ein internistisches Gutachten erstellen. Gestützt darauf lehnte sie durch Bescheid vom 27. August 1981 die Gewährung einer Fremdrente ab, da eine BK im Sinne des § 551 Abs. 1 i.V.m. der 7. Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 20. Juni 1968 und der BKVO vom 8. Dezember 1976 nicht vorliege. Auf den Widerspruch der Klägerin holte si...