Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherungsbeiträge …Berechnung der. Erstattung des Krankenversicherungsbeitrages durch Arbeitgeber. Begrenzung auf 360 Tagesbeiträge je Jahr. Kündigung aus wichtigem Grund. krankheitsbedingte Kündigung. sozial gerechtfertigte Kündigung. Dauer der Betriebszugehörigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge durch die Bundesanstalt für Arbeit führt zu rechtswidrig hohen Beiträgen, da die im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung enthaltene Begrenzung auf 360 Tagesbeiträge je Jahr (bzw. 30 Tagesbeiträge je Monat) unberücksichtigt bleibt. Im Rahmen des § 128 Abs. 4 AFG darf von dem Arbeitgeber nur der sich bei richtiger Berechnung ergebende Krankenversicherungsbeitrag erstattet verlangt werden.
Aus krankheitsbedingten Gründen wegen häufig wiederkehrender Erkrankung darf nicht gekündigt werden, wenn die Fehlzeit je Jahr im Durchschnitt der letzten drei Jahre zum Kündigungszeitpunkt 6 Wochen nicht erreicht.
Eine sozial gerechtfertigte Kündigung liegt bereits dann nicht vor, wenn bei Abwägung der sozialen Schutzwürdigkeit die Dauer der Betriebszugehörigkeit nicht berücksichtigt wird.
Normenkette
AFG §§ 128, 157; SGB V § 223
Verfahrensgang
SG Kassel (Entscheidung vom 28.01.1998; Aktenzeichen S 7 AL 475/96) |
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 18. September 1998 wird mit der Maßgabe abgewiesen, daß die Erstattungsforderung hinsichtlich der Krankenversicherungsbeiträge herabgesetzt wird auf DM 12.095,21.
II. Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im übrigen haben die Beteiligten im Berufungsverfahren einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Es geht in dem Rechtsstreit um die Erstattung von Arbeitslosengeld sowie von Beiträgen zur Krankenversicherung und Rentenversicherung im Rahmen des § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), den früheren Arbeitnehmer der Klägerin … und die Zeit vom 9. Dezember 1993 bis 6. Dezember 1995 betreffend. Der am 9. Dezember 1935 geborene frühere Arbeitnehmer war von 1975 bis zum 30. Juni 1993 bei der Vorgängerin der Klägerin (…), Werk …, als Kraftwerker beschäftigt. In der Zeit vom 1. April bis zum 30. Juni 1993 erzielte er ein Bruttoeinkommen in Höhe von DM 11.883,83 in 494 Stunden bei einer tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit von 38 Stunden je Woche. Am 21. Oktober 1992 kündigte die Vorgängerin der Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1993. In der Arbeitsbescheinigung gab sie als maßgebliche Kündigungsfrist 3 Monate zum Vierteljahresschluß an. Der frühere Arbeitnehmer hatte die. Steuerklasse 1 (ohne Kinderfreibeträge). Der frühere Arbeitnehmer erhielt eine Abfindung nach Sozialplan in Höhe von DM 7.592,–.
Auf seinen Antrag und Arbeitslosmeldung vom 8. Juni 1993 gewährte die Beklagte dem früheren Arbeitnehmer Arbeitslosengeld für 832 Tage ab 1. Juli 1993 in Höhe von DM 358,20 wöchentlich (Bemessungsentgelt DM 910,– wöchentlich). Ab 1. Januar 1994 betrug das Arbeitslosengeld 335,40 wöchentlich (Leistungsverordnung 1994), ab 1. Juli 1994 DM 343,80 wöchentlich (bei dynamisiertem Bemessungsentgelt in Höhe von DM 940,–), ab 2. Januar 1995 DM 335,40 wöchentlich (Leistungsverordnung 1995) und ab 1. Juli 1995 DM 340,80 wöchentlich (bei dynamisiertem Bemessungsentgelt in Höhe von DM 960,–). Die Krankenversicherung wurde bei der Bundesknappschaft mit einem gleichbleibenden Beitrag in Höhe von 13,9 % durchgeführt. Ab 1. Januar 1996 erhielt der frühere Arbeitnehmer Altersrente.
Im Antrag auf Arbeitslosengeld hatte der frühere Arbeitnehmer keine Einschränkung seiner Vermittlungsfähigkeit angegeben. Ermittlungen der Beklagten hinsichtlich des Gesundheitszustandes des früheren Arbeitnehmers fanden nicht statt. Das Sozialgericht hat den früheren Arbeitnehmer im Termin am 28. Januar 1998 als Zeugen gehört.
Im Rahmen der Anhörung der behaupteten Erstattungspflicht nach § 128 AFG beanstandete die Klägerin u.a. unterlassene Ermittlungen der Beklagten hinsichtlich anderer Sozialleistungen und wies auf die schwierige wirtschaftliche Situation hin (wird näher ausgeführt). Es habe sich um eine sozial gerechtfertigte Kündigung gehandelt. Am 7. März 1991 sei mit dem Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich und ein Sozialplan vereinbart worden. Von den Maßnahmen seien ca. 1.400 Arbeitsplätze betroffen, ca. 1.200 Mitarbeiter seien ausgeschieden oder würden noch ausscheiden. Noch 1993 würden 305 Maßnahmen realisiert. Hinsichtlich der Sozialauswahl werde auf den Sozialplan verwiesen. Wegen weiterer wirtschaftlicher Schwierigkeiten seien am 15. Juni 1993 ein weiterer Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart worden, wodurch bis Ende 1997 ca. 1.700 Arbeitsplätze entfielen.
Interessenausgleich und Sozialplan wurden vorgelegt. Das Arbeitsamt Hanau wandte sich an das Arbeitsamt Kassel (Sitz der Klägerin ist im dortigen Bezirk) mit der Bitte um Angabe des Standes evtl. gestellter Befreiungsanträge. Das Arbeitsamt Kassel teilte mit, daß die …...