Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Wiederaufnahmeklage. Zulässigkeit. Statthaftigkeit. schlüssige Darlegung eines Wiederaufnahmegrundes

 

Orientierungssatz

Zur Unzulässigkeit einer Wiederaufnahmeklage mangels Statthaftigkeit, wenn ein Wiederaufnahmegrund nicht schlüssig dargelegt wird.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 03.07.2020; Aktenzeichen B 2 U 64/20 B)

 

Tenor

I. Die Klage auf Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 9 U 162/12 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 9 U 162/12. In diesem Verfahren ging es um die Anerkennung der vom Kläger als Stalking bzw. Mobbing empfundenen Vorkommnisse an seinem früheren Arbeitsplatz als Luftsicherheitsassistent bei der C. AG als Arbeitsunfall, die die Beklagte mit Bescheid vom 2. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2009 abgelehnt hatte. Seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 31. August 2012 (S 3 U 44/09) wurde vom Landessozialgericht mit Urteil vom 29. August 2013 (L 9 U 162/12) zurückgewiesen. Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. August 2013 lehnte das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 17. Dezember 2013 ab (B 2 U 246/13 B) und verwarf gleichzeitig die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig.

Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2017, bei dem Sozialgericht Darmstadt eingegangen am 13. Februar 2017, fragte der Kläger an, wann mit einer Entscheidung über seinen Wiederaufnahmeantrag zu dem Verfahren S 3 U 44/09 zu rechnen sei. Unter dem 23. Februar 2017 setzte das Sozialgericht den Kläger über die gesetzlichen Anforderungen einer Wiederaufnahmeklage in Kenntnis und gab dem Kläger Gelegenheit, eine diesen Anforderungen genügende Klageschrift zu den Akten zu reichen, andernfalls wäre die Klage unzulässig. Das Sozialgericht legte den Vorgang zuständigkeitshalber dem Landessozialgericht vor. Der Berichterstatter wies den Kläger mit gerichtlicher Verfügung vom 19. Juni 2019 darauf hin, dass die Akte keinen Wiederaufnahmeantrag enthalte, sondern lediglich seine mit Schriftsatz vom 2. Februar 2017 an das Sozialgericht Darmstadt gerichtete Anfrage. Der Kläger teilte daraufhin mit beim Hessischen Landessozialgericht am 7. August 2019 eingegangenen Schriftsatz vom 2. August 2019 mit, er sei der Auffassung, einen Wiederaufnahmeantrag gestellt zu haben. Jedenfalls stelle er hiermit einen Wiederaufnahmeantrag zu dem Verfahren S 3 U 44/09.

Im Erörterungstermin des Berichterstatters am 2. März 2020 hat der Kläger angegeben, ihm gehe es darum, dass bei der C. AG nachgefragt werde, wieviel Angestellte ab dem 1. Januar 2005 „weggeschickt“ worden seien bei Einbehaltung sämtlicher Bezüge und welche Staatsbürgerschaft diese besäßen. Ggf. sollte eine derartige Stellungnahme bei der Bundespolizei eingeholt werden.

Der Kläger beantragt,

das durch Urteil vom 29. August 2013 beendete Berufungsverfahren L 9 U 162/12 wiederaufzunehmen, das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 31. August 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die ihm gegenüber begangenen Mobbing-Handlungen als Arbeitsunfälle anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage als unzulässig zu verwerfen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus § 179 Abs. 1 SGG i. V. m. § 584 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), da das angefochtene Urteil vom Berufungsgericht erlassen wurde und dieses sachlich entschieden hat (vgl. hierzu Leitherer in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 179 Rn. 8).

Die Wiederaufnahmeklage ist unzulässig. Es verbleibt damit bei der Rechtskraft des Urteils des Senats vom 29. August 2013 (L 9 U 162/12).

Nach § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren unter entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden. Nach § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme durch Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) oder durch Restitutionsklage (§ 580 ZPO) erfolgen. Die Wiederaufnahmegründe sind im Gesetz abschließend aufgezählt. Eine Wiederaufnahmeklage zieht unter Umständen ein dreistufiges Verfahren nach sich. Zunächst haben die Gerichte zu prüfen, ob die Wiederaufnahmeklage zulässig ist. Bejahendenfalls schließt sich die Prüfung ihrer Begründetheit an, wobei e...

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