Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme bzw Aufhebung der Arbeitslosenhilfebewilligung für die Vergangenheit. Nichtmitteilung teils nachträglicher Vermögenszuflüsse. Vermögensverwertung. Sparguthaben. alsbaldige Berufsausbildung. Habilitation. Zurechnung verdeckten Treuhandvermögens
Orientierungssatz
1. Zur Rücknahme bzw Aufhebung der Arbeitslosenhilfebewilligung für die Vergangenheit bei Nichtmitteilung teils nachträglicher erheblicher Vermögenszuflüsse.
2. Auch wenn der Beruf eines Hochschullehrers angestrebt wird, stellt die Habilitation nach dem universitären Abschluss eines wissenschaftlichen Hochschulstudiums weder eine Berufsausbildung iS des § 6 Abs 3 S 2 Nr 3 AlhiV dar noch dient der Einsatz des Vermögens zu diesem Zwecke der Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage im Sinne der genannten Vorschrift.
3. Wer - als verdeckter Treuhänder - den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeugt, muss sich hieran auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch den Sozialleistungsträger festhalten lassen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. September 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen eine Rückforderung in Höhe von 55.030,45 DM.
Die 1952 geborene Klägerin stand bei der Beklagten seit dem 5. September 1996 im Arbeitslosenhilfebezug in Höhe von zunächst 451,20 DM wöchentlich. In den Arbeitslosenhilfeanträgen vom 19. August 1996, 14. August 1997, 22. Juni 1998, 31. Juli 1998 und 31. August 1998 sowie vom 12. Juli 1999 verneinte die Klägerin jeweils die Fragen zu vorhandenem Vermögen (Ziffer 9 Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" zum Antrag auf Arbeitslosenhilfe - Alhi -).
Mit Schreiben vom 31. August 1999, 16. September 1999, 1. Oktober 1999 und 22. November 1999 forderte die Beklagte jeweils die Klägerin auf, darzulegen, für welche Geldanlagen die Klägerin Freistellungsaufträge, die nach den Unterlagen der Beklagten vorhanden waren, erteilt habe.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens hörte die Beklagte mit Schreiben vom 22. Dezember 1999 sowie vom 16. Februar 2000 die Klägerin bzw. ihren Bevollmächtigten dazu an, dass die Klägerin in der Zeit ab dem 1. Januar 1997 evtl. Arbeitslosenhilfe zu Unrecht bezogen habe.
Mit Bescheid vom 25. April 2000 hob die Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 28. August 1997, 30. Juni 1998 und 13. August 1998 ganz auf und machte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 92.500,77 DM geltend (BA I Bl. 326).
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 28. April 2000, eingegangen beim Arbeitsamt F am 27. April 2000, Widerspruch ein (BA I Bl. 330). Sie machte im Wesentlichen geltend, der Nachweis falscher Angaben sei von der Beklagten nicht geführt.
Die Beklagte holte unter dem 26. Juni 2000 Auskunft über Freistellungsaufträge für die Jahre 1998, 1999 und 2000 beim Bundesamt für Finanzen ein (BA I Bl. 340). Das Bundesamt für Finanzen teilte unter dem 20. Juli 2000 mit, dass die Klägerin im Jahre 1998 einen freigestellten Kapitaleintrag von 2.904,00 DM beantragt und dass sie für das Meldejahr 1997 einen Freistellungsauftrag in Höhe von 6.100,00 DM erteilt habe. Die entsprechende Anfrage bei der ... Bank vom 7. März 2001 (BA II Bl. 393) ergab, dass die Konten der Klägerin in der Zeit vom 5. September 1996 bis zum 17. November 1999 Kontostände zwischen 89.924,64 DM bis zuletzt 340,29 DM aufgewiesen haben (BA II Bl. 395).
Im Hinblick auf die erteilte Auskunft hob die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 8. Mai 2001 (BA II Bl. 423) die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 5. September 1996 bis 10. September 1997, vom 31. Dezember 1997 bis 30. Juni 1998 in einer Gesamthöhe von 58.138,43 DM (Leistungen und Sozialversicherungsbeiträge) auf und machte einen entsprechenden Erstattungsanspruch geltend.
Den unter dem 10. Mai 2001 eingegangenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2001 (BA II Bl. 440) zurück.
Die Beklagte stützte sich im Wesentlichen darauf, dass die Klägerin in dem jeweiligen Antragsformular die eindeutige und unmissverständliche Frage nach vorhandenem Vermögen verneint habe. Durch eine Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen im Rahmen des § 45 d Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) sei im August 1999 bekannt geworden, dass die Klägerin Freistellungsaufträge für Zinseinkünfte erteilt habe. Es habe der Anfangsverdacht bestanden, dass die Klägerin entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch (SGB I) möglicherweise Vermögenswerte verschwiegen habe. Der Aufforderung, ihre Vermögensverhältnisse offen zu legen, sei die Klägerin nicht nachgekommen. Auch der bevollmächtigte Vater habe keinerlei konkrete oder nachprüfbare Angaben gemacht. Daraufhin sei mit Bescheid vom 25. April 2000 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe mit Wirkung ab dem 1. Januar 1997 ganz aufgehoben...