Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlechtwettergeld. Ausfallanzeige. Unverzüglichkeit. Verantwortlichkeit. Sammelanzeige
Leitsatz (amtlich)
Das Merkmal der unverzüglichen Anzeige des Arbeitsausfalls (§ 84 Abs. 1 Nr. 3 AFG) ist nicht erfüllt, wenn schon der Nachweis fehlt, daß der im Bauunternehmen für die Fertigung und Verwendung der Ausfallanzeige Verantwortliche die Sammelanzeige am letzten Arbeitstag der Kalenderwoche gefertigt und zum Postversand gebracht hat.
Normenkette
AFG § 84 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 278
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.11.1975) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. November 1975 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte an Arbeiter der Klägerin für die Zeit vom 3. bis 7. Februar 1975 Schlechtwettergeld (SWG) zu zahlen hat.
In dieser Zeit war im Betrieb der Klägerin, einem Unternehmen des Baugewerbes, witterungsbedingter Arbeitsausfall für 5 Arbeiter auf der Baustelle „Ersatzübergang M” entstanden, wie auch in der Woche vorher vom 27. bis 31. Januar 1975.
Das Arbeitsamt Offenbach hatte auf die tägliche Schlechtwetteranzeige für den Zeitraum vom 2. Januar bis 15. März 1975 verzichtet.
Mit Abrechnungsliste für den Monat Februar 1975, die am 18. März 1975 beim Arbeitsamt einging, beantragte die Klägerin die Leistung von SWG u.a. für den angeführten Arbeitsausfall. Die Beklagte kürzte die Abrechnungsliste jedoch um das SWG für diesen Arbeitsausfall um 1.104,40 DM, weil insoweit der Arbeitsausfall nicht angezeigt worden sei; sie zahlte lediglich den so gekürzten Betrag an die Klägerin aus (Bescheid vom 8. April 1975). Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin den witterungsbedingten Arbeitsausfall auf der Baustelle „Ersatzübergang M” erneut geltend und gab an, daß sie die Schlechtwetteranzeige (Sammelanzeige) am 7. Februar 1975 (Freitag) an das Arbeitsamt abgesandt habe. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg; er wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 1975 zurückgewiesen.
Mit ihrer Klage trug die Klägerin vor, die Sammelanzeige sei von dem Leiter ihres Lohnbüros, S., am 7. Februar 1975 auf dem Formular der Bundesanstalt für Arbeit – BA – angefertigt, unterschrieben, in einen Briefumschlag gesteckt und sodann der Registratorin, Frau K., zum Zwecke der Expedition übergeben worden. Der Bote D. habe diesen Brief an selben Tage beim Postamt … in F.-F. – aufgeliefert. Erstmals durch den Bescheid vom 8. April 1975 habe sie erfahren, daß die Anzeige nicht beim Arbeitsamt eingegangen sei. Die Klägerin legte eine Fotokopie der bei ihr abgelegten Durchschrift der Anzeige vor, ein Vermerk über den Tag der Absendung der Anzeige oder der Ablage der Durchschrift ist nicht enthalten.
Das Sozialgericht erhob Beweis durch Vernehmung des Leiters des Lohnbüros der Klägerin, S., und des für die Klägerin tätigen Boten, D. Der Zeuge S. bekundete, er sei für die Schlechtwetteranzeigen zuständig, wenn diese für kleinere Baustellen zu erstatten seien. In diesen Fällen werde er angerufen und von dem witterungsbedingten Arbeitsausfall unterrichtet. Bei größeren Baustellen der Klägerin, bei denen ein Baukaufmann tätig sei, würden die Anzeigen unmittelbar von diesem erstellt. Nach der Fertigung der Anzeige durch ihn gelangten sie in einen Postabgangskasten und würden von der Registratorin K. zur Expedition gebracht. Frau K. veranlasse insbesondere das Frankieren der Briefe. Die bei der Expedition eingehende Post werde alsdann regelmäßig von dem nicht in der Firma beschäftigten Boten, dem Zeugen D., zur Post gebracht. Nach Eingang des Ablehnungsbescheides sei er von der Geschäftsführung nach der Absendung der Schlechtwetteranzeigen für die Zeit vom 3. bis 7. Februar 1975 gefragt worden. Er habe die Frage der Absendung bejahen können, weil er in dem dafür vorgesehenen Ordner eine Durchschrift der (von ihm gefertigten) Anzeige gefunden habe. Wenn sich derartige Durchschriften fänden, sei davon auszugehen, daß die Anzeige abgesandt worden sei. In der streitbefangenen Zeit habe es sich jedoch um eine typische Schlechtwetterzeit gehandelt. Ob in dieser Zeit an mehrere Arbeitsämter Anzeigen zu senden gewesen seien, könne er heute nicht mehr sagen. Ausgangsstempel würden bei abgehenden Schreiben bei der Klägerin nicht verwendet. Es werde ein Freistempler benutzt. Für die freigestempelte Post werde ein Postbuch nicht geführt.
Der Zeuge D. der für die Klägerin die Botengänge tätigt, sagte aus, die ausgehende Post sei vormittags bis 13.00 Uhr und nachmittags ab 17.00 Uhr – Freitag ab 14.00 Uhr – bei der Klägerin abzuholen und dem Postamt zu bringen. Diese Aufgaben würden regelmäßig durch ihn ausgeführt, im Ausnahmefall auch durch seine Ehefrau. Ob er am 7. Februar 1975 den erwähnten Botendienst ausgeführt habe, könne er heute mit Sicherheit nicht mehr sagen. Er könne jedoch mit Sicherheit sagen, daß der Auftrag noch am gleichen Tage – we...