Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung in der DDR und Bulgarien lebender Kinder. Entziehung von Kindergeld. Versagung von Leistungen. reformatio in peius im Vorverfahren
Leitsatz (amtlich)
Bei der Entziehung von Kindergeld kann der Widerspruchsführer im Vorverfahren durch eine mit dem Widerspruchsbescheid getroffene Aufhebungsentscheidung gegenüber dem angefochtenen Bescheid schlechter gestellt werden.
Normenkette
BKGG § 2 Abs. 5, §§ 22, 27; SGB-AT § 66; SGG § 85
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.03.1978; Aktenzeichen S-14/Kg-40/76) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. März 1978 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für seine beiden Kinder R., geb. am 12. Juli 1959, und M., geb. am 15. November 1966, Kindergeld zusteht. Die Kinder R. und M. sind eheliche Kinder des Klägers. Das Kind R. wohnt in Sofia/Bulgarien, das Kind M. in Potsdam/DDR. Der Kläger ist seit 1951 von seiner Ehefrau I., geb. K., geschieden. Diese wohnt ebenfalls in Potsdam/DDR. Sie ist seit 1972 in zweiter Ehe verheiratet und trägt nunmehr den Namen C. Das Kind M. des Klägers trägt den jetzigen Namen der Mutter, C. (Schreiben des Rates der Stadt Potsdam an das Arbeitsamt Freising vom 11. August 1975). Der Kläger hielt sich in der Zeit von 1960 bis 1971 in der DDR auf und kam nach seinen Angaben am 6. September 1971 in die Bundesrepublik. Dort beantragte er am 14. Februar 1973 beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anerkennung als Asylberechtigter, die ihm mit Bescheid vom 20. Februar 1976 erteilt wurde.
Am 3. Dezember 1974 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt Freising unter Benutzung des Antragsformulars der Beklagten Kindergeld unter Berücksichtigung seiner beiden Kinder R. und M.. Zu seinem Antrag gab er die schriftliche Erklärung ab, daß er für den Unterhalt der Kinder monatlich Bar- und Sachleistungen in Höhe von 350,– DM zahle. Ferner legte er dem Arbeitsamt einen Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 11. September 1975 über die Anerkennung der Zeiten vom 1. August 1960 bis 6. September 1971 als Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz vor.
Mit Bescheid vom 22. Januar 1976 wurde dem Kläger vom Arbeitsamt Freising Kindergeld ab August 1975 gewährt. Hinsichtlich des Kindes M. wurde das Kindergeld nach § 8 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) zur Hälfte bewilligt, weil für dieses Kind nach den in der DDR geltenden Vorschriften ein monatlicher staatlicher Kinderzuschlag von 20,– DM gezahlt werde (Schreiben des Rates der Stadt Potsdam an das Arbeitsamt Freising vom 11. August 1975).
Mit seinem Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, daß ihm das Kindergeld bereits ab Januar 1975 zustehe.
Mit Bescheid des Arbeitsamtes Frankfurt am Main vom 1. Juli 1976 wurde die Auszahlung des Kindergeldes an den inzwischen nach O. verzogenen Kläger eingestellt. In dem Bescheid wurde ausgeführt, die Kindergeld-Leistungsakte sei vom Arbeitsamt Freising dem Arbeitsamt Frankfurt am Main übersandt worden, durch welches die Auszahlung des Kindergeldes an den Kläger ab Januar 1976 erfolgte. Das Arbeitsamt Freising habe nachträglich mitgeteilt, daß geprüft werden müsse, ob der Kläger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt mindestens 15 Jahre im Geltungsbereich des BKGG (Bundesrepublik und West-Berlin) gehabt habe. Der Kläger werde daher gebeten, dem Arbeitsamt anhand der polizeilichen Meldebestätigungen den 15-Jahreszeitraum nachzuweisen. Falls es er jedoch aufgrund des Bundesvertriebenengesetzes zur Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen nach dem Sozialgesetzbuch berechtigt sei, genüge es, wenn er seinen Paß zur Einsichtnahme vorlege. Nach Eingang der polizeilichen Meldebestätigungen oder des Passes werde über die Weiterzahlung des Kindergeldes ab Juli 1976 entschieden.
Der Kläger äußerte sich daraufhin gegenüber dem Arbeitsamt, daß er der Auffassung sei, daß ihm das Kindergeld aufgrund seines Aufenthaltes in der DDR seit 1960 zustehe. Ferner verwies er auf den Bescheid über seine Anerkennung als Asylberechtigter vom 20. Februar 1976.
Der Widerspruch blieb ohne Erfolg, er wurde mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 1976 zurückgewiesen. In den Gründen des Widerspruchsbescheides wurde ausgeführt, die Entscheidung des Arbeitsamtes Freising über die Bewilligung des Kindergeldes ab August (Bescheid vom 22. Januar 1976) sei ganz aufzuheben, weil die Kinder des Klägers nach § 2 Abs. 5 BKGG für das Kindergeld nicht berücksichtigt werden könnten und dem Kläger deshalb kein Kindergeld zustehe. Von der Rückforderung des bereits gezahlten Kindergeldes werde abgesehen (§ 13 BKGG).
Mit seiner Klage verblieb der Kläger bei seiner Auffassung, daß ihm das Kindergeld ab Janu...