Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichbarkeit der stationären Heilbehandlung mit Krankenhauspflege. Zuzahlung bei medizinischer Rehabilitationsmaßnahme
Orientierungssatz
1. Ob eine stationäre Heilbehandlung, hier wegen "Morbus Bechterew", einer Krankenhauspflege iS des § 184 RVO vergleichbar ist und damit eine Zuzahlung des Betreuten nach § 20 AVG (§ 1243 RVO) zur Folge hat, hängt von der Art der gestellten Diagnose sowie der Notwendigkeit einer bestimmten Therapie ab.
2. Die Vergleichbarkeit wird dabei grundsätzlich zu bejahen sein, soweit das Heilverfahren aufgrund von Indikationen durchgeführt worden ist, bei denen auch eine Anschlußheilbehandlung gewährt worden wäre, im Einzelfall jedoch nicht zur Durchführung gekommen ist. Da Anschlußheilbehandlungen regelmäßig bei Abklingen eines schweren akuten Krankheitsbildes durchgeführt werden, kann im Falle einer Bechterew'schen Erkrankung eine krankenhausähnliche Pflege nur nach einem akuten Schub der ansonsten chronisch verlaufenden Krankheit notwendig sein.
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.01.1987; Aktenzeichen S - 13/An - 397/85) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 26. Januar 1987 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der 1947 geborene Kläger ist von Beruf Bankkaufmann. Er leidet seit etwa 1973 an der sog. Bechterew___AMPX_’_SEMIKOLONX___schen Erkrankung im Stadium der Wirbelsäulenbeteiligung. Auf Grund dieses Krankheitsbildes führte der Kläger 1981 und 1983 eine jeweils vierwöchige Heilbehandlung auf Kosten der Beklagten in der Rheumaklinik O. durch. Für die vom 10. Februar bis 10. März 1983 erfolgte Heilmaßnahme begehrte die Beklagte von dem Kläger die Zuzahlung von je 5,- DM für 14 Kalendertage.
Im November 1984 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Heilmaßnahme wegen seiner chronischen Erkrankung. Dem entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 18. Dezember 1984, mit welchem sie dem Kläger eine erneute Heilmaßnahme in der Rheumaklinik O. für die Dauer von vier Wochen bewilligte. Gleichzeitig machte die Beklagte die Zuzahlung von 10,- DM kalendertäglich für die Dauer der Heilmaßnahme gegenüber dem Kläger geltend. Mit Schreiben vom 23. Januar 1985 bat der Kläger um Überprüfung der angeordneten Zuzahlung. Die bevorstehende Heilmaßnahme sei mit der letzten Kur absolut identisch; für die letzte Kur seien lediglich je 5,- DM für 14 Kalendertage zuzuzahlen gewesen.
Während der Zeit vom 19. Februar bis 19. März 1985 fand die Heilmaßnahme in der Rheumaklinik O. statt. Innerhalb der letzten zwölf Monate vor Aufnahme der Heilbehandlung war der Kläger nicht arbeitsunfähig gewesen. Während des Heilverfahrens bezog der Kläger kein Übergangsgeld. Er verfügte im Jahre 1985 über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.700,- DM im Durchschnitt.
Mit Bescheid vom 31. Juli 1985, aufgegeben zur Post mittels eingeschriebenem Briefs am 19. August 1985, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 18. Dezember 1984 zurück. Der Kläger sei nach § 20 Angestelltenversicherungsgesetz -AVG- zur Zuzahlung von 10,- DM kalendertäglich für die Dauer der Heilmaßnahme verpflichtet. Eine stationäre Heilbehandlung, die einer Krankenhauspflege vergleichbar gewesen sei, habe nicht stattgefunden. Die Rehabilitationsmaßnahme habe nicht infolge einer ernsthaften Erkrankung besonders intensiv durchgeführt werden müssen. Die während der Heilbehandlung durchgeführten Behandlungen seien nicht mit einer Krankenhausbehandlung vergleichbar. Auch habe sich die stationäre Heilbehandlung nicht an eine Krankenhausbehandlung ergänzend angeschlossen. Auf Grund neuer medizinischer Gesichtspunkte sei bei einer Wiederholungsheilbehandlung nicht automatisch eine Befürwortung des § 20 Abs. 2 AVG gegeben.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 6. September 1985 Klage. Er machte geltend, es sei unzutreffend, daß die Rehabilitationsmaßnahme nicht infolge einer ernsthaften Erkrankung besonders intensiv habe durchgeführt werden müssen. Auch sei die Behandlung einer Krankenhausbehandlung gleichzusetzen gewesen. Außerdem habe die Beklagte für die 1983 durchgeführte Heilbehandlung lediglich je 5,- DM für 14 Kalendertage als Zuzahlung geltend gemacht; diese Kur sei mit der 1985 durchgeführten Kur absolut identisch gewesen. Er legte ein Schreiben des Chefarztes der Rheumaklinik O. Dr. A. vom 9. September 1985 vor.
Mit Urteil vom 26. Januar 1987 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Beklagte verurteilt, den Bescheid vom 18. Dezember 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 1985 insoweit aufzuheben, als sie darin eine Beteiligung des Klägers an den Aufwendungen des vom 19. Februar bis 19. März 1985 durchgeführten stationären Heilverfahrens über 5,- DM kalendertäglich, begrenzt auf 14 Tage, hinaus, vom Kläger gefordert habe. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei ...