Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsausfüllende Kausalität. mittelbare Unfallfolge. ärztlicher Eingriff. Zurechnungszusammenhang. degenerativer Vorschaden. unfallunabhängiger Gesundheitsschaden. unfallbedingte Kniedistorsion. kein traumatischer Meniskusschaden. Arthroskopie. weitere Operation. Thrombose. Lungenembolie
Leitsatz (amtlich)
Die für die Annahme einer mittelbaren Unfallfolge zu fordernde wesentliche sachliche Verbindung ist nur dann gegeben, wenn objektiv die Voraussetzungen für einen ärztlichen Eingriff wegen Unfallfolgen vorliegen. Nur wenn die ärztliche Behandlungsmaßnahme ohne den Versicherungsfall nicht oder anders durchgeführt worden wäre, kommt eine mittelbare Folge des Versicherungsfalls überhaupt in Betracht.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 6. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines isolierten Meniskusschadens als Folge eines Arbeitsunfalls vom 10. September 2003 sowie von Thrombosen und einer Venenklappeninsuffizienz als mittelbare Unfallfolgen und die Gewährung einer Rente nach den Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII).
Der 1954 geborene Kläger erlitt am 10. September 2003 einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall. An diesem Tag leitete er eine Tauchgruppe auf der Insel XY.. Mit seiner vollen Tauchausrüstung nebst Kamera mit einem Gesamtgewicht von ca. 40 bis 60 kg betrat der Kläger das Wasser. Als dieses mehr als knie-, aber noch nicht hüfttief war, trat er auf einen Stein und knickte um. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland unterzog sich der Kläger einer durchgangsärztlichen Untersuchung. Dr. C. diagnostizierte in seinem Durchgangsarztbericht vom 16. September 2003 nach Untersuchung vom 13. September 2003 eine Distorsion des rechten Knies. Nach einer weiteren Untersuchung vom 23. September 2003 (Bericht vom selben Tag) äußerte Dr. C. den Verdacht auf Innenmeniskusläsion, es bestehe die Indikation zur Arthroskopie, Aufnahme und Operation wurden für den folgenden Tag vereinbart.
Unter der Diagnose einer degenerativen Innenmeniskushinterhornläsion wurde am 24. September 2003 die Arthroskopie durchgeführt (Bericht vom 2. Oktober 2003). Intraoperativ hatte sich keine frische Läsion gefunden. Im Operationsbericht vom 24. September 2003 heißt es, das Hinterhorn selbst habe aufgefaserte Strukturen gezeigt, so dass die klinische Diagnose bestätigt sei.
In der Folgezeit trat bei dem Kläger eine rechtsseitige Teilthrombosierung der Vena saphena parva bei Stammvarikosis mit Insuffizienz der mittleren Cockett___AMPX_’_SEMIKOLONX___Xschen Vena perforans auf. Am 15. Oktober 2003 erfolgte eine entsprechende Operation in der AAY. AAU. Klinik in AAG. bei gleichzeitiger operativer Exhairese radikulärer Varizen am linken Unterschenkel. Am 10. November 2003 wurde der Kläger wegen akuter linksthorakaler Schmerzen und Dyspnoe stationär im D.hospital D. aufgenommen. Es wurde u. a. eine Lungenembolie bei Oberschenkelthrombose links diagnostiziert.
Die Beklagte holte ein unfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. E. und Dr. F. vom 16. August 2004 mit fachinternistischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. G. vom 5. August 2004 und gefäßchirurgischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. H. vom 22. September 2004 ein. Prof. Dr. G. führte zusammenfassend aus, als Folgen des Unfalls vom 10. September 2003 bestehe ein Zustand nach Innenmeniskushinterhorn-Resektion rechts wegen eines traumatisch bedingten Einrisses bei degenerativ bedingtem Vorschaden sowie ein Zustand nach Unterschenkelvenenthrombose rechts im Bereich der Vena saphena parva als mittelbare Unfallfolge mit operativer Entfernung des thrombotischen Gefäßes und jetzt bestehender Perforansvenenklappeninsuffizienz im rechten Unterschenkel. Die bei dem Kläger aufgetretene Oberschenkelvenenthrombose links und die Lungenembolie seien keine Unfallfolgen, sondern Folgen der Venenoperation am linken Unterschenkel wegen einer anlagebedingten retikulären Varikosis. Prof. Dr. E. und Dr. F. führten aus, es bestehe kein Zusammenhang zwischen der Innenmeniskusläsion und dem angeschuldigten Ereignis. Die Kniedistorsion vom 10. September 2003 habe keine substantielle Schädigung im Bereich des rechten Kniegelenks verursacht. Die aktuell glaubhaft angegebenen Kniebeschwerden seien durch unfallunabhängige degenerative Veränderungen zu erklären. Ein Zusammenhang der zu begutachtenden nachgewiesenen Thrombosen und der Lungenembolie mit dem Unfallereignis vom 10. September 2003 sei nicht gegeben, vielmehr sei ein Zusammenhang mit der unfallunabhängig aufgetretenen Thrombophlebitis und der im Rahmen dessen erforderlichen Operation zu sehen. Bei dem Kläger sei aufgrund einer als unfallunabhängig anzusehend...