Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütung von Krankentransportleistungen. kein Genehmigungsvorbehalt bei Verbringung zu einer ambulanten Behandlung mittels eines Krankentransportes
Orientierungssatz
1. Verfahrensmäßig ergibt sich aus der Regelung des § 60 SGB 5, dass es bei den § 60 Abs 1 S 3 SGB 5 unterfallenden Krankenfahrten zu einer ambulanten Behandlung einer grundsätzlich vorherigen Genehmigung der Krankenkasse bedarf. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Verbringung zu einer ambulanten Behandlung mittels eines Krankentransportes zu erfolgen hat.
2. Die Richtlinienbestimmung in § 6 Abs 3 Krankentransport-Richtlinie (juris: KrTRL 2004) ist wegen der Nichtübereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung rechtswidrig und unwirksam.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 2011 werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergütung von Krankentransportleistungen im Sinne von § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V).
Die Klägerin ist ein in der Rechtsform der GmbH im Handelsregister beim Amtsgericht Frankfurt am Main eingetragenes Unternehmen mit dem Unternehmensgegenstand “Krankentransporte, Behindertenfahrdienste, Dialysefahrten, Taxi-, Mietwagen- und Kurierfahrten sowie medizinische Dienstleistungen im Rahmen eines Rettungssanitäters und Ausbildung in diesem Bereich. Außerdem Hilfeleistungen bei Katastrophen. Ferner die Annahme und Weitergabe von Aufträgen im Zusammenhang mit den vorerwähnten Leistungen". Sie verfügt über eine Genehmigung zur Erbringung von Krankentransporten nach § 9 Hessisches Rettungsdienstgesetz 1998 (HRDG 1998) vom 24.11.1998 (GVBI I 1998, 499) in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung.
Am 18. Juli 2005 schloss die Klägerin unter anderem mit dem Verband der Angestellten -Krankenkassen (VdAK) e. V. Landesvertretung Hessen nach § 133 SGB V in Verbindung mit § 19 Abs. 1 HRDG 1998 eine “Vereinbarung über die Vergütung von qualifizierten Krankentransporten nach dem Sozialgesetzbuch V i. V. m. dem Hessischen Rettungsdienstgesetz in der Stadt A-Stadt" ab.
Diese Vereinbarung enthält unter Anderem folgende Regelungen:
§1 Gegenstand der Vereinbarung
(1) Diese Vereinbarung regelt die Vergütung von Krankentransporten nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit dem Hessischen Rettungsdienstgesetz (HRDG 1998) zu ambulanten Behandlungen aus zwingend medizinischen Gründen(§ 60 Abs. 1 SGB V) von Versicherten der Krankenkasse, sofern ein Ausnahmefall im Sinne der Richtlinien nach § 92 Abs. 1.Satz 2 Nr 12 SGB V vorliegt und der Transport vorab von der Krankenkasse genehmigt wurde. Die Vereinbarung betrifft nur Fahrten, bei denen entweder der Beginn oder das Ende des Krankentransportes im Stadtgebiet A-Stadt liegen.
(2) Die Vereinbarung regelt weiterhin die Vergütung von zwingend medizinisch notwendigen Krankentransporten gemäß § 60 Abs. 2 SGB V in dem in Abs.1 der Vereinbarung genannten räumlichen Bereich, für Versicherten der Krankenkasse für Fälle, in denen eine
- Leistung stationär erbracht wird; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wem die Verlegung aus zwingend medizinischen Gründen erforderlich ist, oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus und für Fahrten zu einer
- vor- und/oder nachstationäre Behandlung im Krankenhaus (§ 115 a SGB V), wenn dadurch eine aus medizinischer Sicht gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung verkürzt oder vermieden werden kann,
- ambulanten Operation beim niedergelassenen Vertragsarzt
- ambulanten Operation gemäß § 115 b SGB V im Krankenhaus.
(3) Die Krankenkasse übernimmt in den Fällen des § 1 Abs. 1 und 2 dieser Vereinbarung die Fahrkosten je Fahrt abzüglich des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Eigenanteils. Die Zuzahlung in Hohe des sich nach § 61 Abs. 1 SGB V ergebenden Betrages je Fahrt wird von der Krankenkasse bei Versicherten eingezogen …
§2 Ärztliche Bescheinigung
(1) Krankenbeförderungen werden als Leistung der Krankenversicherung gemäß § 60 SGB V, soweit erforderlich erst nach vorheriger Genehmigung der Krankenkasse durchgeführt, wenn die Notwendigkeit einer Beförderung mit einem Krankentransportwagen mit fachlich-medizinischer Betreuung nach ärztlicher Bescheinigung besteht (§ 6 Abs. 1 der Krankentransport-Richtlinien) und hierüber eine ärztliche Verordnung in der jeweils gültigen Fassung vorliegt (s. Anlagen 1 und 2). Die Verordnung darf nur vom Arzt geändert oder ergänzt werden.
§3 Vergütung der Krankentransporte
(1) Die Gesamtkosten eines Krankentransportes nach den Bestimmungen dieses Vertrages werden incl. gesetzlicher Umsatzsteuer wie folgt vergütet:
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