Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung Hessen. Honorarverteilungsvertrag. Verbindlichkeit der Vorgaben des Bewertungsausschusses zu Laborleistungen. keine Änderung durch die Partner des Bundesmantelvertrages. Ermessensausübung bei der Annahme eines Härtefalls für Sonderregelungen bei der Bildung des Regelleistungsvolumens

 

Orientierungssatz

1. Die Streichung der unter Ziffer 32.3.13 aufgeführten zyto- und molekulargenetischen Leistungen durch die Partner des Bundesmantelvertrages im Beschluss in der 78. Sitzung am 16.12.2005 (DÄ 2006, A 77) ist rechtswidrig. Die Partner des Bundesmantelvertrages sind nicht berechtigt, Vorgaben des Bewertungsausschusses - hier im Beschluss in der 93. Sitzung am 29.10.2004 (DÄ 2004, A 3129) vertraglich abzuändern.

2. Zur Ermessensausübung bei der Annahme eines Härtefalls für Sonderregelungen bei der Bildung des Regelleistungsvolumens einer fachärztlich tätigen Ärztin für Humangenetik.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.08.2016; Aktenzeichen B 6 KA 42/15 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 23. November 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Art und Weise der Berechnung des Honorars der Klägerin für die Quartale II/2006 bis IV/2007.

Die Klägerin ist seit dem 28. Juni 1994 als Fachärztin für Kinderheilkunde und seit dem 29. September 1998 zusätzlich als Fachärztin für Humangenetik zugelassen. Seit dem 2. Januar 1995 führt sie eine Einzelpraxis. Sie nimmt seit dem 1. Oktober 1998 an der hausärztlichen Versorgung teil und verfügt seit dem 25. September 2001 über eine sog. Doppelzulassung. Sie ist in die Honorar(unter-)gruppe der Ärzte für Humangenetik eingruppiert. Diese Fachgruppe umfasste in den streitgegenständlichen Quartalen insgesamt 7 Ärzte. Weiter verfügt die Klägerin über die Genehmigung zur Abrechnung von Laborleistungen nach Kapitel 32.3 EBM 2000plus.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin in dem Zeitraum von 2000 bis einschließlich 2007 zunächst Honorar in folgendem Umfang:

Quartal

ursprüngliches Honorar in

Euro

I/1999

223.331,22

II/1999

162.287,38

III/1999

178.131,21

IV/1999

249.871,23

I/2000

201.010,61

II/2000

185.115,87

III/2000

201.420,96

IV/2000

205.465,71

I/2001

197.447,38

II/2001

185.939,37

III/2001

195.999,84

IV/2001

208.921,87

I/2002

213.087,42

II/2002

199.674,78

III/2002

185.154,18

IV/2002

195.069,94

I/2003

238.022,94

II/2003

231.633,97

III/2003

173.483,17

IV/2003

194.027,73

I/2004

228.656,66

II/2004

216.835,79

III/2004

226.576,79

IV/2004

235.756,25

I/2005

156.656,59

II/2005

173.965,61

III/2005

273.320,19

IV/2005

262.011,36

I/2006

290.430,48

II/2006

144.023,53

III/2006

147.331,02

IV/2006

162.922,51

I/2007

208.339,92

II/2007

152.118,90

III/2007

229.901,95

IV/2007

235.786,58

Die Klägerin legte gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/06 (von der Beklagten abgesandt am 19. März 2007) am 5. April 2008, gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/06 (abgesandt am 2. Mai 2007) am 14. Mai 2007, gegen den Honorarbescheid für das Quartal IV/06 (abgesandt am 11. Juni 2007) an 20. Juni 2007, gegen den Honorarbescheid für das Quartal I/07 (abgesandt am 28. April 2008) am 20. Mai 2008, gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/07 (abgesandt am 26. November 2008) am 4. Dezember 2008, gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/07 (abgesandt am 25. Februar 2008) am 6. März 2008 und gegen den Honorarbescheid für das Quartal IV/07 (abgesandt am 16. Juni 2008) am 20. Juni 2008 Widerspruch ein. In sämtlichen dieser Honorarbescheide wird zugleich das praxisbezogene Regelleistungsvolumen der Klägerin für das jeweilige Quartal endgültig festgestellt. Über die Widersprüche hat die Beklagte noch nicht entschieden.

Bereits am 23. Juni 2006 hatte die Klägerin für die Quartale II/05 bis I/07 eine Sonderregelung im Rahmen der fallzahlabhängigen Quotierung des Regelleistungsvolumens sowie der +/- 5% Ausgleichsregelung beantragt. Einen entsprechenden Antrag stellte sie am 29. Juni 2007 für die Quartale II/07 bis IV/07.

Zur Begründung führte sie aus, ihr komme ein besonderer Sicherstellungsauftrag zu. Ihr Leistungsspektrum umfasse 40 verschiedene molekulargenetische Erkrankungen. Einzelne molekulargenetische Leistungen, bestimmte Erkrankungen betreffend, erbrächten ausschließlich sie und Frau Dr. C., eine weiteren niedergelassenen Humangenetikerin, und zwar

- betreffend Mukoviszidose, insbesondere die Mukoviszidose-Komplettsequenzierung und die Mutationssuche bei türkischen Probanden; die Leistungen würden nach den Ziffern 11320, 11321, 11322, 11230 und 41020 EBM 2000plus mit einem Gesamtpunktwert von 175.250 Punkten im Bereich der CF-Komplettsequenzierung abgerechnet;

- hinsichtlich des Adrenogenitalen Syndroms (AGS); die Leistungen würden nach den Ziffern 11320, 11321, 11322, 11130 und 41020 EBM 2000plus mit einem Punktwert von insgesamt 68.145 Punkten abgerechnet;

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