Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung der Krankenhausleistung. Frühgeborenes. Berechnung. Fallpauschale 16.02. stundenweise Aufnahme in Säuglingsstation
Orientierungssatz
Die Voraussetzungen zur Berechnung der Fallpauschale 16.02 der Anlage 1 zur BPflV 1994 für ein frühgeborenes Kind sind erst gegeben, wenn sich der Säugling zumindest noch um Mitternacht des Aufnahmetags im Krankenhaus befindet. Die stundenweise Aufnahme eines Neugeborenen auf die Säuglingsstation oder im Säuglingszimmer löst die Fallpauschale 16.02 nicht aus.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus, welches in den Krankenhausplan des Landes Hessen aufgenommen ist und der Krankenhausgesellschaft Hessen angehört. Die bei der Beklagten krankenversicherte Frau W entband hier ... 1999 um 0:15 Uhr ein Kind, welches noch am selben Tag um 1:30 Uhr in das Krankenhaus B H verlegt wurde. Es handelte sich um eine Frühgeburt zwischen dem 225. bis 259. Schwangerschaftstag. Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten am 2. Februar 1999 insgesamt 6.764,93 DM in Rechnung, wobei sie die Fallpauschalen 16.071 und 16.02 zu Grunde legte. Die Beklagte beglich diese Forderung am 10. Februar 1999 zunächst in voller Höhe, forderte jedoch mit Schreiben vom 5. Oktober 1999 1.473,82 DM zurück, da die Fallpauschale 16.02 einen Mindestaufenthalt des Neugeborenen im Krankenhaus von einem Belegungstag voraussetze. Die Definition eines Belegungstages ergebe sich jeweils aus der Anwesenheit um Mitternacht im Sinne der klassischen Mitternachtsstatistik. Diese Voraussetzung liege hier nicht vor. Im weiteren Verlauf verrechnete die Beklagte am 12. Januar 2000 ihre Rückforderung mit einer anderen Rechnung der Klägerin.
Die Klägerin hat am 22. September 2000 Klage zum Sozialgericht Wiesbaden erhoben und die Zahlung der restlichen Behandlungskosten in Höhe von 1.473,82 DM nebst 6 % Zinsen seit dem 13. Januar 2000 begehrt.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit vom 14. Februar 2001 eingeholt und mit Urteil vom 6. Juni 2001 der Klage stattgegeben. Die Voraussetzungen der Fallpauschale 16.02 seien erfüllt. Diese betreffe Diagnosefälle einer Geburt ab dem 225. bis 259. Schwangerschaftstag und setze die Versorgung eines Frühgeborenen bis zu seiner Verlegung voraus, wobei der Mindestaufenthalt einen Belegungstag betragen müsse. Der Belegungstag im Sinne der Fallpauschalenregelung sei jedoch weder im Fallpauschalen-Katalog noch in der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) definiert. Die Auslegung nach dem Wortlaut führe nicht notwendig dahin, dass ein Belegungstag 24 Stunden dauern oder mindestens um Mitternacht noch andauern müsse, da es sich hierbei um eine Abrechnungseinheit handele, welche sich umgangssprachlicher Erfassung entziehe. Die Geburt eines Kindes im Krankenhaus sei als dessen Krankenhausaufnahme anzusehen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 11. März 1987, B 8 RK 19/85). Der Entlassungstag sei generell kein Belegungstag. Hiervon ausgehend unterscheide die Kammer auf der Grundlage eigener Lebenserfahrung deutlich zwischen dem Umfang der Behandlungsaktivitäten an einem Entlassungstag nach vorgehenden Belegungstagen einerseits und einem Verlegungstag, der zugleich Aufnahmetag sei, da im letztgenannten Fall typischerweise ungleich mehr Behandlungsaktivitäten zu erwarten seien. Das gelte insbesondere im Fall eines lebensuntüchtigen Frühgeborenen, welches sofort in seinen Vitalfunktionen unterstützt werden müsse, was im Unterschied zum normalen Geburtsablauf mit einer eigenen Fallpauschale erfasst werde. Die ansonsten dem Krankenhaus verbleibende Abrechnung lediglich der Fallpauschale bei normaler Geburt stelle keine angemessene Vergütung der Behandlung eines Frühgeborenen dar.
Gegen das ihr am 30. Juli 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 3. August 2001 Berufung eingelegt.
Sie meint, die Formulierung in der Fallpauschalen-Definition "Mindestaufenthalt ein Belegungstag" schließe deren Abrechenbarkeit aus, wenn der Säugling noch am Tage der Geburt extern verlegt werde. Wenn das Sozialgericht den Geburtstag als Aufnahmetag und den Aufnahmetag als Belegungstag ansehe, werde die in der Textbeschreibung vorgenommene Beschränkung auf mindestens einen Belegungstag völlig überflüssig und sinnlos. Nach der Rechtsauffassung des Sozialgerichts wäre jedes noch so kurze und kaum nachprüfbare Verweilen auf der Säuglingsstation leistungsbegründend und die Fallpauschale bei externen Verlegungen regelmäßig abrechenbar. Die Konsequenz sei nicht nur mit dem in der BPflV fest verankerten Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit unvereinbar, sondern begründe zusätzlich die Gefahr, dass es bei einer entsprechend organisierten Verlegungspraxis zur regelhaften Doppelfinanzierung eines Behandlungstages käme. Nach der Rechtsprechung des BSG seien die Vergütungsregelungen des Fallpauschalen-Katalogs streng nach ihrem Wortlaut auszulegen. Dazu setze sich das Sozialgericht in Widerspruch, wenn es we...