Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Pflegeversicherung. Anspruch auf Elektrofahrstuhl
Orientierungssatz
Es besteht kein Anspruch gegen den Träger der (privaten) Pflegeversicherung auf Versorgung mit einem selbstbedienbaren Elektrofahrstuhl.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 23. September 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen der privaten Pflegeversicherung um die Versorgung mit einem eigenbedienbaren Elektrorollstuhl.
Der 1949 geborene Kläger leidet an den Folgen einer Multiplen Sklerose mit Funktionsverlust des linken Armes, linksbetonter Schwäche beider Beine und einer Blasen-Mastdarm-Störung; bei ihm sind ein Grad der Behinderung von 100 und die Nachteilsausgleiche B, G, aG und H festgestellt. Seinen Beruf als Rechtsanwalt musste er deshalb aufgeben. Er ist bei der Beklagten privat kranken- und pflegeversichert. Aus der Pflegeversicherung bezieht er Leistungen nach Pflegestufe I.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2001 beantragte der Kläger, ihm einen Rollstuhl mit elektrischem Antrieb und einer Steuerungsmöglichkeit für die rechte Hand zur Verfügung zu stellen, was die Beklagte mit Schreiben vom 25. Januar 2001 ablehnte, weil Rollstühle zur Eigenbedienung nicht unter den Versicherungsschutz der privaten Pflegeversicherung fielen.
Der Kläger hat daraufhin am 21. März 2001 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben. Wegen seiner stark eingeschränkten Gehfähigkeit und der Gangunsicherheit mit Fallneigung sei er auf einen eigenbedienbaren Elektrorollstuhl angewiesen. Dieses Pflegehilfsmittel ermögliche es ihm, sich innerhalb und außerhalb der häuslichen Umgebung ohne fremde Hilfe fortzubewegen, was ihm mit einem normalen Schieberollstuhl aufgrund seiner praktischen Einarmigkeit und der Kraftlosigkeit der Beine nicht möglich sei. Demgegenüber berief sich die Beklagte auf den Hilfsmittelkatalog der privaten Pflegeversicherung, der nach den maßgeblichen Versicherungsbedingungen den Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln abschließend regele und in dem eigenbedienbare Elektrorollstühle nicht aufgeführt seien; für derartige Hilfsmittel sei die Zuständigkeit der Krankenversicherung gegeben.
Die Beklagte hat ein von Dr. M zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit des Klägers erstelltes Gutachten vom 22. August 2001 vorgelegt. Das Sozialgericht hat ein Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K eingeholt, welches dieser am 4. Juli 2002 erstattet hat. Dr. K hat ausgeführt, der Kläger sei in seiner Wohnung mit einem Schieberollstuhl versorgt, den er aber nicht selbst fortbewegen könne, sondern nur eine Pflegeperson. Die Beinkräfte seien auch nicht mehr ausreichend, um sich in der Wohnung mit Hilfe des Handstocks ohne Sturzgefahr fortzubewegen. Ein eigenbedienbarer Elektrorollstuhl würde es dem Kläger ermöglichen, rasch und ohne fremde Hilfe die Toilette aufzusuchen oder das Bett und die Dusche zu erreichen, und sei deshalb zur Erleichterung der Pflege als auch zur Linderung der Beschwerden wie zur selbständigeren Lebensführung erforderlich.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. September 2002 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, den Kläger mit einem eigenbedienbaren Elektrorollstuhl als Hilfsmittel zu versorgen. Es hat ausgeführt, dem Hilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegeversicherung komme keine rechtsverbindliche Bedeutung zu. Maßgeblich sei § 40 SGB XI, der auch im Rahmen der privaten Pflegeversicherung anzuwenden sei. Danach sei Ziel der Hilfsmittelversorgung auch die Ermöglichung einer selbständigeren Lebensführung. Diesem Anspruch werde die Versorgung mit einem fremdbedienbaren (Elektro-)Rollstuhl nicht gerecht. Erst mit einem eigenbedienbaren Rollstuhl werde der Kläger in die Lage versetzt, sich zu den von Dr. K genannten Zwecken selbständig innerhalb der eigenen Wohnung fortzubewegen oder aber auch eine behindertengerechte öffentliche Toilette aufzusuchen. Auch die Pflege werde dadurch erleichtert.
Gegen diesen ihr am 25. September 2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 18. Oktober 2002 Berufung eingelegt.
Sie macht geltend, das Sozialgericht habe übersehen, dass nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI die Versorgung mit Hilfsmitteln nur dann Sache der Pflegeversicherung sei, soweit die Hilfsmittel wegen Krankheit oder Behinderung nicht von der Krankenversicherung oder einem anderen zuständigen Leistungsträger zu leisten seien. Bei dem begehrten eigenbedienbaren Elektrorollstuhl handele es sich um ein Hilfsmittel, welches dem Ausgleich einer Behinderung diene, nämlich Defizite bei der Zurücklegung von Wegen innerhalb und außerhalb des Hauses kompensiere. Der Kläg...