Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungspflicht. Bezug von Vorruhestandsgeld. Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. endgültiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben
Orientierungssatz
Für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Versorgungsleistung im Anschluss eines Arbeitsverhältnisses als Vorruhestandsgeld ist maßgeblich, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Vereinbarung über das umfassende und endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben treffen (vgl BSG vom 26.11.1992 - 7 RAr 46/92 = BSGE 71, 265 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beigeladenen zu 1.) wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. November 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1.).
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 120.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1.) in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) gemäß § 3 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) aufgrund der Zahlung einer “Übergangsversorgung„.
Der Beigeladene zu 1.), geboren 1950, war bei der Klägerin als Fluglotse beschäftigt. Die fliegerärztliche Untersuchungsstelle des Landes X. stellte im Februar 2002 fest, dass der Beigeladene zu 1.) für die Tätigkeit im Flugverkehrkontrolldienst nicht mehr tauglich ist.
Am 30. Juni 2002 endete das Arbeitsverhältnis des Beigeladenen zu 1.) bei der Klägerin und seit dem 1. Juli 2002 bezieht er eine Übergangsversorgung gemäß des Tarifvertrages über den Ausgleich des dauernden Verlustes der Tauglichkeit gemäß FSPAV für die bei der Klägerin beschäftigten Fluglotsen (Loss of Licence-TV), und zwar gemäß § 3 Abs. 3 Loss of Licence-TV in entsprechender Anwendung des Tarifvertrags über die Übergangsversorgung für die bei der Klägerin beschäftigten Fluglotsen (Ü-VersTV-Lotsen) vom 7. Juli 1993 in der Fassung des Änderungs-TV vom 27. November 1998 in Höhe von 5.132,14 DM (Stand Juli 2002) monatlich. Der Beigeladene zu 1.) unterschrieb nicht den ihm von der Klägerin vorgelegten Vertrag zur Übergangsversorgung vom 22. März 2002. Unter § 7 Nr. 1 des Vertrages (Beitragspflicht und Haftung) heißt es “Herr A. wurde ausdrücklich auf den Umstand hingewiesen, dass während der Laufzeit dieses Vertrages jede Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die die Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 8 SGB IV übersteigt oder die Arbeitslosmeldung den Wegfall der Beitragspflicht (vgl. § 2) nach sich zieht."
Mit Bescheid vom 20. August 2002 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1.) fest, die dem Beigeladenen zu 1.) ab 1. Juli 2002 gewährte Übergangsversorgung begründe keine Rentenversicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI. Dagegen erhob die Klägerin am 10. September 2002 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2002 als unbegründet zurückwies.
Dagegen hat die Klägerin am 1. November 2002 bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Herrn A. (Beigeladener zu 1.)) und die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heutige Bezeichnung: Deutsche Rentenversicherung Bund; Beigeladene zu 2.) beigeladen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei dem Übergangsgeld handele es sich um ein rentenversicherungspflichtiges Vorruhestandsgeld im Sinne von § 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI. Die Tarifvertragsparteien seien sich darüber einig gewesen, dass der Arbeitnehmer im Falle der Zahlung von Übergangsgeld endgültig aus dem Erwerbsleben ausscheide. Mit der Regelung des § 2 Abs. 2c und § 4 des Ü-VersTV-Lotsen sei das endgültige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben sichergestellt worden. Darüber hinaus sei allein das tatsächliche Ausscheiden aus dem Erwerbsleben für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend. Erst mit Beginn der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung könne dem Übergangsgeld der Charakter als rentenversicherungspflichtiges Vorruhestandsgeld genommen werden.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der in dem ursprünglichen Tarifvertragsentwurf enthaltene Passus zum endgültigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gestrichen worden sei.
Der Beigeladene zu 1.) hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, das ihm gewährte Übergangsgeld unterliege nicht der Rentenversicherungspflicht. Er habe sich nicht verpflichtet, endgültig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Er habe sich am 4. Mai 2004 bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet und darüber hinaus sich selbst für eine neue Anstellung beworben.
Die Beigeladene zu 2.) hat die Auffassung vertreten, die streitige Übergangsversorgung unterliege der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Erst wenn eine Beschäftigung ausgeübt werde, die die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) überschreite, trete die Rentenversi...