Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhensvorschrift des § 75 Abs 3 RKG

 

Orientierungssatz

Zur Frage, ob bei Anwendung der Ruhensvorschriften des § 75 RKG auf die dem Versicherten zugestanden habende Rente auch der Abs 3 der Vorschrift anzuwenden ist, wonach ein Ruhen der knappschaftlichen Rente nicht eintritt, wenn bei Zusammentreffen mit einer Verletztenrente diese schon ein Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 65 BVG herbeigeführt hat.

 

Verfahrensgang

SG Gießen (Urteil vom 14.02.1995; Aktenzeichen S-6/Kn-562/90)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.08.1997; Aktenzeichen 8 RKn 1/96)

BSG (Beschluss vom 05.02.1997; Aktenzeichen 8 BKn 5/96)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 14. Februar 1995 sowie der Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 1989 aufgehoben und diese verurteilt, ihr unter Rücknahme der Bescheide vom 6. August 1984 und 6. Dezember 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1985 die ihrer am 14. Januar 1994 verstorbenen Mutter M. G. unter Berücksichtigung der ungekürzten Rente des verstorbenen Versicherten zugestandene Witwenrente auszuzahlen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Berechnung einer Hinterbliebenenrente.

Die Klägerin ist Sonderrechtsnachfolgerin der 1907 geborenen und 1994 verstorbenen M. G.. Diese war die Witwe des 1904 geborenen und 1984 verstorbenen Versicherten L. G.. Der Versicherte hatte zum Zeitpunkt seines Todes von der Bergbau-Berufsgenossenschaft Verletztenrente und daneben Versorgungsbezüge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bezogen, die wegen des Bezugs der Verletztenrente gemäß § 65 BVG teilweise ruhten. Die Beklagte zahlte dem Versicherten neben der Verletztenrente gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 2 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) ungekürzte Knappschaftsrente. Die Witwe erhielt auf ihren Antrag vom 21. Mai 1984 mit Bescheid vom 6. August 1984 erhöhte Witwenrente. Bei der Berechnung ging die Beklagte von einer vorläufigen Höhe der Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung von 11.760,00 DM jährlich aus. Sie nahm eine Ruhensberechnung nach § 76 Abs. 1 RKG vor, wobei sie unterstellte, daß die Versichertenrente des verstorbenen Ehemannes von 20.770,80 DM in Höhe von 10.508,70 DM geruht hätte. Dies führte zu einer Verminderung der Hinterbliebenenrente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung auf jährlich 6.709,49 DM. Mit Bescheid vom 6. Dezember 1984 berechnete die Beklagte die Hinterbliebenenrente unter Berücksichtigung des endgültigen Zahlbetrages der Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von 11.954,40 DM, neu und ging unter Berücksichtigung des § 76 Abs. 1 RKG wiederum von einem fiktiven Ruhen der Rente des Versicherten aus. Dagegen legte die Witwe am 27. Dezember 1984 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1985 zurückwies.

Am 4. März 1985 erhob die Witwe Klage vor dem Sozialgericht Gießen, das diese mit Urteil vom 21. April 1987 abwies (Az.: S-6/Kn-25/85). Auf die dagegen am 13. Mai 1987 eingelegte Berufung verurteilte das Landessozialgericht Niedersachsen unter Abänderung des Bescheides vom 6. Dezember 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1985 und unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Gießen vom 21. April 1987 die Beklagte, der Berechnung der Witwenrente die ungekürzte Rente ihres verstorbenen Ehemannes zugrunde zu legen (Urteil vom 26. November 1987 - L-6/Kn-24/87). Zur Begründung führte das Landessozialgericht Niedersachsen aus, die Hinterbliebenenrentenberechnung sei bei einem Zusammentreffen mit einer Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung nach § 76 Abs. 1 RKG auf der Basis der Rentenbezüge vorzunehmen, “die dem Verstorbenen zur Zeit des Todes … zugestanden hätten, wenn er … erwerbsunfähig gewesen wäre”. Dieser Wortlaut des Gesetzes lasse es zwar zu, die Ruhensberechnung isoliert ohne Berücksichtigung des § 75 Abs. 3 RKG vorzunehmen, so wie dies Ansicht der Beklagten und des Sozialgerichts sei; näherliegend sei es aber, von der tatsächlichen, wegen § 75 Abs. 3 RKG ungekürzten Versicherungsrente auszugehen.

Im Revisionsverfahren (8 RKn 1/88) schlossen die Beteiligten dahingehend einen Vergleich, daß die Witwe die Klage zurücknahm und die Beklagte den Widerspruch vom 27. Dezember 1984 als Antrag auf Erteilung eines Zugunstenbescheides nach § 44 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 10) ansah. Mit Bescheid vom 5. Dezember 1989 lehnte die Beklagte daraufhin unter Beibehaltung ihrer Rechtsansicht eine Neufeststellung der Hinterbliebenenrente ab. Den dagegen am 2. Januar 1990 eingelegten Widerspruch legte sie mit Einverständnis der Witwe am 28. März 1990 dem Sozialgericht Gießen als Klage vor. Mit Urteil vom 14. Februar 1995 wies das Sozialgericht die Klage ab und führte zur Begründung aus, daß im Gegensatz zur Rechtsansicht des Landessozialgerichts Niedersachsen bei der Auslegung des ...

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