Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Plausibilitätsprüfung. Kombinationsnarkose zB bei intravenöser Anästhetika-Verabreichung. Abrechnung nach Nr 31822 EBM-Ä (juris: EBM-Ä 2008)

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Kombinationsnarkose zB bei intravenöser Anästhetika-Verabreichung unterfällt der Nr 31822 EBM-Ä (juris: EBM-Ä 2008) nur, wenn die Maskenbeatmung über die Dauer des operativen Eingriffs erforderlich ist und auch erfolgt. Die hierfür notwendige Maske ist funktional abzugrenzen, nämlich ob sie die bei einer Narkose erforderliche Überwachung der Beatmung in Gestalt der Messung des endexspiratorische CO2-Wertes ermöglicht.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.07.2020; Aktenzeichen B 6 KA 24/19 R)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 2. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Honorarberichtigung für die 14 Quartale III/2008 bis IV/2011 aufgrund einer Plausibilitätsprüfung in Höhe von 117.947,23 € und hierbei insbesondere um die Frage, ob für eine Anästhesieleistung bei Katarakt-Operationen auch im Regelfall die Leistung nach Nr. 31822 (Anästhesie und/oder Narkose) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM-Ä) oder die Leistung nach Nr. 31831 EBM-Ä (Einleitung und Unterhaltung einer Analgesie und/oder Sedierung) abgerechnet werden kann.

Die Klägerin ist als Fachärztin für Anästhesie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in AX-Stadt zugelassen. Seit April 2013 arbeitet sie als angestellte Ärztin bei einem anderen Anästhesisten.

In den Quartalen I/2008 bis IV/2011 setzte die Beklagte durch Honorarbescheid das Honorar der Klägerin wie folgt fest:

Quartal

I/2008

II/2008

1II/2008

IV/2008

Honorarbescheid v.

10. Juli 2008

27. Oktober 2008

12. Januar 2009

30. März 2009

Bruttohonorar gesamt in €

20.787,99

27.629,21

46.214,54

45.158,59

Quartal

I/2009

II/2009

1II/2009

IV/2009

Honorarbescheid v.

20. Juli 2009

11. Oktober 2009

23.

Dezember 2009

27. März 2010

Nettohonorar gesamt in €

61.839,16

56.099,76

35.008,96

50.694,93

Quartal

I/2010

II/2010

1II/2010

IV/2010

Honorarbescheid v.

29. Juni 2010

27.

September 2010

28.

Dezember 2010

3. März 2011

Nettohonorar gesamt in €

57.979,52

51.624,38

30.407,40

34.737,60

Quartal

I/2011

II/2011

III/2011

IV/2011

Honorarbescheid v.

29. Juni 2010

27.

September 2010

28.

Dezember 2010

3. März 2011

Nettohonorar gesamt in €

30.644,36

31.726,08

23.350,03

16.385,23

Die Beklagte führte zunächst für die Quartale I/2008 bis IV/2008 eine Plausibilitätsprüfung durch und übersandte der Klägerin unter Datum vom 16. Mai 2012 die zeitbezogenen Rechnungsergebnisse für diese Quartale unter Erläuterung der Ermittlung der Zeitprofile. Sie bat insbesondere um Stellungnahme zur regelhaft abgerechneten GOP 31822 EBM.

Die Klägerin trug mit E-Mail vom 10. Juni 2012 vor, die Plausibilitätszeit von 53 Minuten für die Vollnarkose nach Nr. 31822 EBM-Ä sei in ihrem Fall unrealistisch, da ihre Ophthalmochirurgen den Eingriff häufig in ca. 10 Minuten erledigten. Keine Abrechnungsbestimmung verlange von ihr, den Patienten dann weitere 40 Minuten schlafen zu lassen. Die abgerechnete Narkose sei im Anhang zum EBM-Ä der Operation fest zugeordnet. In allen Fällen im Rahmen der Kataraktchirurgie habe sie eine Kombinationsnarkose nach den Bedingungen des EBM-Ä durchgeführt. Auf Anfrage der Beklagten reichte die Klägerin ferner die Narkoseprotokolle (17) eines Beispieltages (30. September 2008) ein.

Die Beklagte hob mit Bescheid vom 13. Februar 2013 für die zwei Quartale Ill/2008 und IV/2008 die Honorarbescheide auf und setzte die unter Prüfungsvorbehalt gezahlte Vergütung neu fest. Hieraus errechnete sie eine von ihr festgesetzte Honorarrückforderung in Höhe von insgesamt 20.036,58 € netto. Im Einzelnen setzte sie folgende Honorarrückforderungen fest:

Quartal

Kürzungsbetrag in € netto

III/2008

11.506,63

IV/2008

8.529,95

Gesamt

20.036,58

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13. Januar 2015 gegenüber dem Sozialgericht klargestellt, dass für das Quartal IV/2008 der aus der Anlage ersichtliche Betrag in Höhe von 8.529,95 € und nicht der im Bescheidtext angegebene Betrag von 8.829,95 € maßgebend ist, so dass auch die im Bescheidtext angegebene Gesamtsumme richtig errechnet ist.

Zur Begründung führte sie u.a. aus, die Erstellung der Tages- und Quartalsprofile für die Praxis habe zu folgendem Ergebnis geführt:

Quartalsübersicht:

Quartal

Tagesprofil

davon

Maximale Arbeitszeit pro Tag im Quartal

Quartalsprofil

Überschreitung

Anzahl Tage

Zeitsumme

≫ 12 Std.

≫ 16 Std

Std.: Min.

Std.: Min.

I/2008

0

0

9:41

136:36

--

II/2008

0

0

8:35

184:54

--

III/2008

6

1

16:53

256:27

-

IV/2008

6

0

12:36

273:23

--

Beispielhaft weise sie auf das Tagesprofil für Montag, 30.September 2008, Zeit gesamt: 16:53 Std., hin:

GOP

Anzahl

Zeit

Zeit gesamt Tagesprofil

Zeit gesamt Quartalsprofil

05340 Überwachung der Vitalfunktionen

1

15,00

00:15

00:15

31503Postoperative

Überwachung

...

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