Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurteilungsspielraum. effektiver Rechtsschutz. Ermächtigung. Feststellungsinteresse. Chefarzt. Fortsetzungsfeststellungsklage. Qualitätssicherung. Zytologielabor

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn die befristete Ermächtigung eines Chefarztes abgelaufen ist, die folgenden Ermächtigungen jedoch nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sind, wird die Anfechtungsklage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig; der Kläger hat jedoch auch im Sinne des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ein besonderes Interesse an der Feststellung, daß der Ermächtigungsbeschluß rechtswidrig ist (Fortsetzungsfeststellungsklage, § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG).

Im Rahmen des Beurteilungsspielraumes hat der Berufungsausschuß als Besonderheit mit Auswirkung auf die Länge der Frist zu berücksichtigen, daß der Chefarzt im Rahen der Qualitätssicherung tätig ist (Zytologiekommission), daß nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BMV-Ä eine Bedürfnisprüfung entfällt und der Chefarzt als Besonderheit ein privates Zytologielabor mit erheblichem finanziellem Aufwand und eigenem Risiko betreibt.

Im vorliegenden Fall wird wegen der Besonderheiten eine Ermächtigungsdauer als nicht mehr rechtswidrig angesehen, wenn sie sich etwa im Bereich des doppelten der üblichen Frist von 2 Jahren hält.

 

Normenkette

SGG §§ 96, 131 Abs. 1 S. 3; GG Art. 19 Abs. 4; SGB V § 116 S. 2; Ärzte-ZV §§ 31, 31a; BMV-Ä § 5 Abs. 2

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.06.1994; Aktenzeichen S-28/Ka-3161/91)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 18.06.1997; Aktenzeichen 6 RKa 45/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Juni 1994 abgeändert und festgestellt, daß der Beschluß des Beklagten vom 25. September 1991 rechtswidrig war. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat dem Kläger die ihm zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu 1/3 zu erstatten.

Im übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Es geht in dem Rechtsstreit um die Art der Ermächtigung/Beteiligung des Klägers an der vertragsärztlichen Versorgung sowie deren Befristung.

Der 1938 geborene Kläger ist Frauenarzt und seit 1977 Chefarzt der geburtshilflich/gynäkologischen Abteilung des …. Er betreibt ein privates zytologisches Einsendelabor in gemieteten Räumen des Krankenhauses mit von ihm beschäftigten Assistentinnen. Er war von 1989 bis Ende 1992 und sodann von 1993 bis Dezember 1995 Vorsitzender der Zytologiekommission der Beigeladenen zu 1) und gehört seither als sonstiges Mitglied der Zytologie-Kommission an und ist damit auch im Rahmen der Qualitätskontrolle tätig.

Zuletzt mit Beschluß des Zulassungsausschusses für Ärzte bei der Beigeladenen zu 1) vom 13. September 1988 wurde der Kläger für längstens die Dauer der – Tätigkeit am … an der ambulanten kassenärztlichen Versorgung beteiligt u.a. für zytologische Untersuchungen bei eigenen und Einsendefällen.

Mit Beschluß vom 25. September 1990 wandelte der Zulassungsausschuß die Beteiligung in eine Ermächtigung um und befristete diese zum 31. März 1993.

Hiergegen hat der Kläger am 15. Januar 1991 Widerspruch erhoben, „und zwar nur gegen die Befristung bis zum 31.03.93.” In der mündlichen Verhandlung vor dem Beklagten beantragte er, die vom Zulassungsausschuß ausgesprochene Befristung seiner Ermächtigung aufzuheben.

Mit Beschluß vom 25. September 1991 hat der Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen im wesentlichen mit der Begründung, das System des SGB V gehe von dem Vorrang der niedergelassenen Ärzte aus, so daß eine Ermächtigung für Krankenhausärzte nur dann und nur soweit und so lange zu erteilen sei, wenn anders die kassenärztliche Versorgung durch niedergelassene Ärzte nicht sichergestellt sei, §§ 72, 73, 98, 116 SGB V. Dem entspreche die Regelung der §§ 31, 31 a Ärzte-ZV, die eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage hätten. Die vom Kläger gewünschte unbefristete Ermächtigung bzw. Befristung entsprechend der Dauer der Tätigkeit am Krankenhaus widerspräche den zwingenden Vorgaben des Gesetzgebers.

Gegen den ihm am 21. November 1991 zugestellten Beschluß hat der Kläger am 18. Dezember 1991 Klage erhoben, mit der er die Aufhebung der Beschlüsse vom 25. September 1990, vom 25. September 1991 und vom 24. November 1992 (neue Befristung bis 31. März 1995) begehrt hat, hilfsweise Fristverlängerung bis zum 65. Lebensjahr bzw. bis zur Beendigung der Chefarzttätigkeit, hilfsweise Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung, hilfsweise Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 25. September 1990 und vom 25. September 1991. Der Kläger hat u.a. vorgetragen, in seinem Zytologielabor bearbeite er jährlich mindestens 25.000 Fälle und beschäftige hochqualifiziertes Personal, u.a. 4 Zytologieassistentinnen. Er sei in der fachärztlichen Aus- und Weiterbildung aktiv und das Labor sei ein Weiterbildungslabor i.S. § 135 Abs. 2 SGB V, § 10 Abs. 1 BMV, § 2...

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