Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfallzeit. Arbeitslosigkeit. Monatsfrist
Leitsatz (amtlich)
1. Die Fristbestimmung des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG (§ 1259 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO), wonach ein versicherungsrechtlicher Ausgleich nur für Beitragsausfälle mit einer Mindestdauer von einem vollen Kalendermonat stattfinden soll, bezieht sich nur auf die sogenannte einfache Arbeitslosigkeit, nicht aber auch auf die im folgenden Bedingungssatz verlangten zusätzlichen Voraussetzungen.
2. Die Vormerkung einer Ausfallzeit gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG (§ 1259 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO) kann ungeachtet dessen grundsätzlich nur für die Dauer des Vorliegens der sogenannten qualifizierten Arbeitslosigkeit erfolgen.
Normenkette
AVG § 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; RVO § 1259 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.06.1986; Aktenzeichen S-13/An-398/84) |
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juni 1986 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheids vom 16. Februar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 1984 verurteilt, im Versicherungsverlauf des Klägers die Zeit vom 2. Juli 1958 bis zum 31. Juli 1958 als Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG vorzumerken.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die ihm zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vormerkung einer Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit.
Der am … 1927 geborene Kläger war von März 1942 an als pflichtversicherter Arbeitnehmer beschäftigt. In der Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 30. Juni 1958 stand er in einem Versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Lederwarenfabrik C. H. & Co. GmbH in S. Er meldete sich sodann am Mittwoch dem 2. Juli 1958, bei dem Arbeitsamt S. arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach Ablauf der dreitägigen Wartezeit bis zum Unterstützungsbeginn im Sinne des § 92 Abs. 1 Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) bezog der Kläger vom 5. Juli 1958 bis zum 9. August 1958 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe. Ab dem 11. August 1958 stand der Kläger sodann wieder in einem Versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Die Beklagte lehnte es im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens mit Bescheid vom 16. Februar 1984 und Widerspruchsbescheid vom 4. September 1984 ab, den Monat Juli 1958 als Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit vorzumerken, weil der Kläger am 1. Juli 1958 nicht arbeitslos gemeldet und damit nicht für einen vollen Kalendermonat arbeitslos im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 10. September 1984 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Er behauptete, während des gesamten Monats Juli 1958 unfreiwillig ohne Arbeit, arbeitsfähig und arbeitswillig gewesen zu sein. Am Vormittag des 1. Juli 1958 habe er sich zunächst bei einer Firma vorgestellt und um einen neuen Arbeitsplatz beworben. Da das Arbeitsamt am Nachmittag des selben Tages nicht mehr dienstbereit gewesen sei, habe er sich sodann erst am 2. Juli 1958 arbeitslos melden und Arbeitslosengeld beantragen können. Der Kläger vertrat die Auffassung, daß die für die Vormerkung einer Ausfallzeit erforderliche Dauer der Arbeitslosigkeit von mindestens einem Kalendermonat bei dieser Sachlage als gegeben angesehen werden müsse. Die Beklagte berief sich demgegenüber im wesentlichen auf die Gründe ihres Widerspruchsbescheides.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. Juni 1986 abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß die für die Vormerkung einer Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit geforderte Mindestdauer von einem Kalendermonat sich zwar nicht auf die Dauer der Meldung als Arbeitssuchender beim Arbeitsamt und auf die Dauer des Leistungsbezuges beziehe. Zu fordern sei lediglich, daß der Versicherte (ohne Meldung beim Arbeitsamt und ohne Bezüge) mindestens einen Kalendermonat unfreiwillig ohne Beschäftigung gewesen sei. Dies könne im vorliegenden Fall jedoch nicht bejaht werden, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, daß er trotz fehlender Arbeitslosmeldung auch bereits am 1. Juli 1958, und damit für den vollen Monat Juli 1958, arbeitslos gewesen sei.
Gegen das ihm am 19. August 1986 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. August 1986 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, daß er bereits im Juni 1958 mit verschiedenen Firmen Verhandlungen über einen neuen Arbeitsplatz geführt habe. Am 1. Juli 1958 habe er sich sodann persönlich um einen Arbeitsplatz bei der Firma A. F. in S. beworben. Herr F. senior, mit dem er das Vorstellungsgespräch geführt habe, sei – ebenso wie die Gesprächspartner anläßlich seiner Bewerbungen bei den anderen Firmen – schon vor längerer Zeit verstorben. Daß er auch am 1. Juli 1985 bereits arbeitslos gewesen sei, könne j...