Verfahrensgang
SG Darmstadt (Urteil vom 24.10.1995; Aktenzeichen S-15/Ar-122/95) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 24. Oktober 1995 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Klage der Klägerin wird der Bescheid der Beklagten vom 9. April 1996 aufgehoben. Im übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zur Hälfte zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen Erstattungsbescheide, die die Beklagte auf der Grundlage des § 128 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) erlassen hat.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der Pharmaindustrie. Bei ihr war seit dem 26. Januar 1964 bis zum 31. Januar 1994 der am 24. Oktober 1935 geborene … (Sch.) als Sachbearbeiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde im Rahmen einer Frühpensionierungsregelung durch Aufhebungsvertrag vom 24. August 1993 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 54.500,– DM zugunsten des Arbeitnehmers beendet. Am 3. Januar 1994 meldete sich Sch. arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 28. Februar 1994 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit gemäß § 119 AFG vom 1. Februar 1994 bis zum 25. April 1994 fest. Anschließend gewährte die Beklagte dem Sch. aufgrund Leistungsverfügung vom 1. März 1994 Arbeitslosengeld in Höhe von 546,– DM wöchentlich, nachdem Sch. die Möglichkeit des erleichterten Arbeitslosengeldbezuges gemäß § 105 c AFG in Anspruch genommen hatte. Seit dem 1. November 1995 bezieht er eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit.
Nachdem die Beklagte der Klägerin Gelegenheit gegeben hatte, zu der beabsichtigten Geltendmachung eines Erstattungsanspruches gemäß § 128 AFG Stellung zu nehmen, teilte sie ihr durch Bescheid vom 12. September 1994 mit, die Klägerin sei dazu verpflichtet, der Bundesanstalt für Arbeit das an ihren ehemaligen Arbeitnehmer gezahlte Arbeitslosengeld sowie die hierauf entfallenen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung ab 26. April 1994 für längstens 624 Tage zu erstatten. Umstände für den Nichteintritt der Erstattungspflicht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1–7 bzw. Abs. 2 Nr. 2 a AFG seien nicht ersichtlich. Trete hinsichtlich der festgestellten Erstattungspflicht eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen ein, werde darüber in einem besonderen Bescheid entschieden. Die fällig werdenden Erstattungsbeträge würden jeweils in gesonderten Abrechnungsentscheidungen – bezogen auf den kalendermäßig abgelaufenen Zeitraum von 3 Monaten seit der Entstehung des Erstattungsanspruchs – mitgeteilt.
Hiergegen legte die Klägerin am 20. Oktober 1994 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 1994 als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin erhob daraufhin am 27. Januar 1995 Klage zum Sozialgericht Darmstadt. Sie machte geltend, die Erstattungspflicht komme nicht zum Tragen, da der Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 1 Ziff. 4 AFG gegeben sei. Im übrigen berief sie sich auch auf den Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 1 Ziff. 7 AFG.
Im Verlaufe des Klageverfahrens teilte die Beklagte der Klägerin sodann mit, die Klägerin habe für den Abrechnungszeitraum vom 26. April 1994 bis zum 31. Dezember 1994 insgesamt 29.088,10 DM (Arbeitslosengeld 19.565,– DM, Beiträge zur Krankenversicherung 5.766,02 DM und Beiträge zur Rentenversicherung 3.756,48 DM) zu erstatten (Bescheid vom 15. Februar 1995).
Durch Urteil vom 24. Oktober 1995 hat das Sozialgericht den Abrechnungsbescheid vom 15. Februar 1995 aufgehoben und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides folge aus § 24 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – (SGB X).
Gegen dieses der Klägerin und der Beklagten jeweils am 23. Januar 1996 zugestellte Urteil richtet sich die von der Beklagten am 9. Februar 1996 und von der Klägerin am 16. Februar 1996 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß es sich bei Abrechnungsbescheiden lediglich um eine gesetzliche Umsetzung des nach Anhörung ergangenen Grundbescheides handele. Eine wiederholte Anhörung sei deshalb nicht erforderlich. Eine vorherige Mitteilung der für den Erstattungsbetrag maßgeblichen Berechnungskriterien im Rahmen eines erneuten Anhörungsverfahrens könne auf die Abrechnungsbescheide auch keinen Einfluß haben, da die Klägerin nicht dazu in der Lage sei, zu diesen Angaben fundiert Stellung zu nehmen.
Mit weiterem, während des Berufungsverfahrens erteilten, Bescheid vom 9. April 1996 machte die Beklagte auch die Erstattung für die Zeit vom 2. Januar 1995 bis zum 31. Oktober 1995 in Höhe von insgesamt 38.719,28 DM geltend.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 24. Oktober 1995 abzuändern, die Berufung der Klägerin zurückzuweise...