Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Sperrzeit. Beginn. Freistellung von der Arbeitspflicht unter Anrechnung des Urlaubsanspruches. Arbeitsaufgabe. Aufhebungsvereinbarung mit Abfindung. wichtiger Grund. drohende betriebsbedingte Kündigung. Sperrzeitzeitraum. Erlöschen der Leistung wegen Erfüllung. analoge Anwendung von § 362 BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Sperrzeitbeginn bei einer Freistellung des Arbeitnehmers; Abgrenzung zwischen widerruflicher und unwiderruflicher Freistellung.
2. Ein Arbeitnehmer setzt eine wesentliche Ursache für das Eintreten der Beschäftigungslosigkeit nicht nur dann, wenn er die Freistellung bereits in dem Aufhebungsvertrag mit vereinbart, sondern auch dann, wenn er eine wenige Tage später "einseitig" durch den Arbeitgeber ausgesprochene Freistellung widerspruchslos hinnimmt.
3. Die Gewährung von Arbeitslosengeld ist an einen konkreten Leistungszeitraum gebunden; eine etwaige Leistungserbringung für spätere Zeiträume führt nicht zur Erfüllung des Anspruchs analog § 362 BGB.
Orientierungssatz
Zum Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung bei drohender betriebsbedingter Kündigung.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. Juni 2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vom 1. Januar bis 25. März 2006 Arbeitslosengeld zu bezahlen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages.
Der 1948 geborene Kläger war seit 1. Juli 1977 bei der C. GmbH, zuletzt als Außendienstmitarbeiter mit einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 5.200,00 €, beschäftigt. Die Kündigungsfrist betrug 6 Monate zum Ende des Vierteljahres. Am 21. Juni 2005 schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber eine Aufhebungsvereinbarung, in der unter Ziffer 1 folgendes vereinbart wurde: “Die Parteien schließen diese Aufhebungsvereinbarung zur Vermeidung einer arbeitgeberseitigen, betriebsbedingten Kündigung. Sie sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 31.12.2005 beendet wird…..„
In Ziffer 3 der Aufhebungsvereinbarung wurde festgehalten, dass der Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9,10 KSchG und § 3 Nr. 9 Einkommensteuergesetz eine Abfindung in Höhe von 239.500,00 € brutto erhält.
In einem gesonderten Schreiben vom 29. Juni 2005 stellte die C. GmbH den Kläger mit Wirkung zum 4. Juli 2005 unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung frei. In dem Schreiben heißt es weiter: “Auf die Freistellung werden der Ihnen noch zustehende Urlaub und eventuell geleistete Mehrarbeitszeiten angerechnet. Damit gelten Resturlaub und Mehrarbeitszeiten als abgegolten.„
Am 28. September 2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 1. Januar 2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In dem am 8. Oktober 2005 eingereichten “Fragebogen zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei Kündigung durch den Arbeitnehmer oder Abschluss des Aufhebungs-/Auflösungsvertrages„ führte der Kläger aus, dass der Abschluss des Aufhebungsvertrages wegen Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung wegen Personalabbau (120 Personen) erfolgt sei. Eine Entlassung während der ersten Entlassungswelle bereits im Oktober 2004 habe er noch durch freiwilligen Wechsel aus dem Management in den Außendienst verhindern können. Die Alternative nunmehr wäre eine arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung zum 31. Dezember 2005 ohne Abfindung gewesen.
Mit Bescheid vom 19. Januar 2006 stellte die Beklagte in der Folgezeit den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. Januar bis 25. März 2006 fest, da der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma C. GmbH durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages ohne wichtigen Grund selbst gelöst habe. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Gleichzeitig mindere sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld um 240 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer). In dem dagegen erhobenen Widerspruch vom 14. Februar 2006 machte der Kläger nochmals geltend, dass ihm eine arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung zum gleichen Zeitpunkt gedroht hätte, was auch der Betriebsratsvorsitzende, Herr D., bezeugen könne. Zudem seien mit ihm weitere ca. 35 Mitarbeiter gekündigt worden, wobei ihm kein einziger Fall bekannt sei, in welchem die Agentur für Arbeit in ähnlicher Weise reagiert habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Ob das Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis auch durch rechtmäßige Kündigung habe beendet werden können, sei für die Entscheidung über das Vorliegen eines Aufl...