Entscheidungsstichwort (Thema)

Anerkennung mittelbarer wegen der Folgen einer vom Unfallversicherungsträger veranlassten Heilbehandlung verursachter Gesundheitsschäden als weitere Unfallfolgen

 

Orientierungssatz

1. Nach § 11 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 SGB 7 sind Folgen eines Versicherungsfalls auch solche Gesundheitsschäden, welche durch die Durchführung einer Heilbehandlung nach dem SGB 7 oder durch Maßnahmen wesentlich verursacht wurden, die zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordnet wurden. Diese sind dem Versicherungsfall rechtlich zuzuordnen,

2. Dabei kommt es nur darauf an, dass der Unfallversicherungsträger die Maßnahme gegenüber dem Versicherten in der Annahme des Vorliegens oder Aufklärungsbedürftigkeit des Sachverhalts eines Versicherungsfalls oder einer Unfallfolge im engeren Sinn veranlasst hat.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 3. Juli 2008 aufgehoben und die Klage im vollen Umfang abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob der Kläger unter einer depressiven Erkrankung als Arbeitsunfallfolge leidet, die die Beklagte verpflichtet, ihm ab 19. Juli 1997 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H. zu gewähren.

Der 1967 geborene Kläger erlitt am 13. Januar 1997 als Gepäckabfertiger der seinerzeitigen D. D-Stadt AG einen Arbeitsunfall, als er zwischen einen Gepäckcontainer-Anhänger und einen Containertransporter geriet und sich dabei eine Quetschung des dritten Fingers der linken Hand und des linken Kniegelenks zuzog. Die Erstversorgung erfolgte zunächst in der D-klinik. Von dort aus wurde der Kläger an den Durchgangsarzt und Chirurgen Dr. E. in E-Stadt überwiesen. Bei der dortigen Untersuchung, ca. eine Stunde nach dem Unfall, wurde im Bereich des linken Kniegelenks eine Schwellung ohne Hautverletzung festgestellt sowie ein Druckschmerz auf der Außenseite entlang des Außenbandes ohne Gelenkerguss. Der Bandapparat wurde als intakt befundet. Die Röntgenuntersuchung ergab keine frischen knöchernen Verletzungen. Es wurde eine Quetschung des linken dritten Fingers und des linken Kniegelenkes diagnostiziert und eine voraussichtliche Arbeitsunfähigkeit bis zum 17. Januar 1997 attestiert. Am 17. Januar 1997 stellte sich der Kläger im Kreiskrankenhaus G-Stadt bei dem Chefarzt der chirurgischen Abteilung Prof. Dr. F. vor. Dieser teilte in einem Durchgangsarztbericht vom 22. Januar 1997 mit, es habe sich am proximalen Unterschenkel sowie am distalen Oberschenkel ein Hämatom medial und lateral gefunden. Es bestünden Schmerzen bei der Innen- und Außenrotation im Bereich der Prellmarken. Durchblutung und Motorik seien intakt. Der Kläger klage über Parästhesien. Die Sensibilität sei intakt. Eine Nachuntersuchung erfolgte am 20. Januar 1997. Dabei wurde das Hämatom als wenig ausgebildet und intracutan in Resorption befindlich beschrieben. Die sonographische Untersuchung ergab keinen Erguss und keine Einblutung. Es bestanden lokal Parästhesien. Weil der Kläger am 29. Januar 1997 bei der Nachuntersuchung noch über Parästhesien klagte, wurde eine konsiliarische neurologische Untersuchung bei dem Neurologen Dr. G. in G-Stadt veranlasst. Dieser teilte in seinem Bericht vom 3. Februar 1997 über die Untersuchung vom 31. Januar 1997 mit, der Nervus peronaeus sei im Bereich des Fibulaköpfchens deutlich verstärkt druckempfindlich. Bei Betastung träten Dysästhesien im Versorgungsgebiet dieses Nervens auf. Bei der Einzelmuskelprüfung bestünden in beiden Beinen keine Paresen. Der Gang sei schmerzbedingt hinkend. Dr. G. diagnostizierte einen Zustand nach Kontusion des linken Unterschenkels mit relativ harmloser Druckschädigung des Nervus peronaeus im Bereich des Fibulaköpfchens. Am 10. Februar 1997 stellte sich der Kläger erneut bei Prof. Dr. F. vor. Es wurde noch ein Resthämatom und eine gleichbleibende Parästhesie bei freier Beweglichkeit des Kniegelenkes diagnostiziert. Der Kläger klagte über Schmerzen und ein Knacken retropatellar und gab bei Bewegung Schmerzen an. Prof. Dr. F. veranlasste eine kernspintomographische Untersuchung, bei der sich am 14. Februar 1997 ein Weichteilödem über dem Fibulaköpfchen fand, ein Kniebinnenschaden wurde ausgeschlossen. Bei der Nachuntersuchung am 21. Februar 1997 wurde die Arbeitsunfähigkeit bis zum 15. März 1997 verlängert. Am 5. März 1997 wurden persistierende Hämatome am linken Kniegelenk und linken Unterschenkel beschrieben, sonographisch fand sich kein pathologischer Befund. Am 14. und 17. März 1997 gab der Kläger an, es tue noch weh. Es wurde eine noch alte Hämatomverfärbung festgestellt. Der Einbeinstand, Hacken- und Zehenballengang waren seitengleich. Der Kläger gab an, er könne noch nicht arbeiten. Es erfolgten krankengymnastische Übungsbehandlungen. Am 24. März 1997 stellte sich der Kläger noch leicht hinkend und mit einem Lokalbefund mit Hämatomverfärbung erneut bei Prof. Dr. F. vor, der...

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